Wachstumsimpulse für EU-Fiskalpakt
Interesse für Hollandes Ideen wächst
Präsidentschaftsbewerber Francois Hollande ist für seine Ankündigung, den EU-Fiskalpakt im Falle seines Wahlsiegs neu verhandeln zu wollen, heftig kritisiert worden. Doch je näher die Entscheidung in Frankreich rückt, desto mehr häufen sich die Stimmen, die der Haltung Hollandes positive Seiten abgewinnen können.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 30.4.2012
Kompromissfähiger Hollande
Langjährige Beobachter der deutsch-französischen Beziehungen haben in den letzten Wochen wiederholt darauf verwiesen, dass um Hollandes Ansinnen einer Nach- oder Neuverhandlung des Fiskalpakts eine Art Popanz aufgebaut wurde und am Ende mit Sicherheit nicht alles so heiß gegessen werden wird, wie es derzeit gekocht wird. Denn eine der bekanntesten, positiven Eigenschaften des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten ist seine Fähigkeit, nach Kompromissen zu suchen und sie zu finden. Entsprechend hat er auch schon ganz klar gesagt, er werde in dieser Frage keine "Politik des leeren Stuhls" betreiben.
Allerdings konnte er es sich als französischer Präsidentschaftskandidat auch nicht leisten, sich von außen wie ein Schulbub abkanzeln zu lassen – wie dies in Sachen Fiskalpakt jetzt lange der Fall war. Entsprechend sagte Hollandes Wahlkampfleiter, Ex-Europaminister, Moscovici schon vor Wochen für den Fall eines Wahlsiegs: "Wir werden die Legitimität haben, den Fiskalpakt zu ratifizieren oder nicht. Und wir werden ihn nicht ratifizieren, wenn es keine Neuorientierungen gibt hin zu mehr Wachstum und Arbeitsplätzen. Eine Neuverhandlung ist nicht nur möglich, sondern notwendig."
Memorandum für Nachverhandlung
Francois Hollande, der seit Monaten ruhig und beständig zu verstehen gibt, dass Frankreich nach wie vor die zweite Wirtschaftsmacht in der EU ist und dass es in der EU bislang gute Gewohnheit war, das Wählervotum in den einzelnen Ländern zu respektieren, hat dieser Tage die Inhalte seines Memorandums bekannt gegeben, welches er im Fall seiner Wahl am 6. Mai seinen Partner übergeben wird, mit dem Ziel, den Fiskalpakt nachzuverhandeln, neu zu verhandeln oder zu ergänzen: "Zunächst das Auflegen von Eurobonds. Nicht um die Schulden zu kollektivieren, sondern um Industrie- und Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Zweitens die Möglichkeit, der europäischen Investitionsbank mehr Finanzierungsmöglichkeiten zuzugestehen – damit eine Reihe von Großprojekten, mit denen diese Bank schon befasst ist, unmittelbar finanziert werden können. Drittens die Schaffung einer Finanztransaktionssteuer mit den Ländern, die sich dafür entscheiden und auf einem Niveau, das es ermöglicht damit für Europa eine neue Geldquelle zu haben und die Finanzierung für eine Reihe von Entwicklungsprojekten zu haben. Viertens sämtliche Überreste der Strukturfonds zu aktivieren, die heute nicht eingesetzt werden."
Wachsendes Interesse
Hollande ist sich inzwischen sicher, dass er mit seiner Initiative in vielen europäischen Partnerstaaten - selbst im konservativ regierten Spanien – auf Interesse stößt. Allerdings über die Unterstützung von EZB-Chef Mario Draghi letzten Donnerstag hat er sich wohl zu früh gefreut. Wenn Draghi von einem nötigen Wachstumspakt sprach, hörte sich das zwar in Hollandes Ohren gut und willkommen an - doch der ehemalige Europa-Vizechef der Geschäftsbank Goldman Sachs meinte damit vor allem eine weitgehende Liberalisierung des Arbeitsmarktes und damit kaum dasselbe wie Francois Hollande. Und wenn jetzt selbst Angela Merkel seit dem Wochenende das Wort Wachstum im Zusammenhang mit der Krisenbewältigung wieder verstärkt in den Mund nimmt, so dürfte dies letztendlich nichts anderes bedeuten, als dass der Druck auf sie auch von anderen Seiten in Europa zunehmend stärker geworden ist und dass sie sich langsam darauf einstellt, mit einem anderen französischen Präsidenten als mit Nicolas Sarkozy zusammen zu arbeiten.
Noch einmal Hollandes rechte Hand, Ex-Europaminister Moscovici: "Wir werden diese Debatte haben und zu ihr stehen. Und die Kanzlerin wird mit Francois Hollande verhandeln, wie das immer der Fall war – erinnern sie sich an die Zeiten Helmut Kohls und Francois Mitterrands."