Ungarns neuer Präsident

Janos Ader Kandidat nach Pal Schmitt

Die ungarische Regierungspartei Fidesz hat erwartungsgemäß János Áder zum Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten nominiert. Das höchste Amt im Land ist vakant geworden, nachdem der ehemalige Präsident Pál Schmitt wegen einer Plagiatsaffäre zurückgetreten war.

Anders als in Österreich wird der Staatspräsident in Ungarn vom Parlament gewählt. Da die Regierungspartei eine Zwei-Drittel-Mehrheit im ungarischen Parlament besitzt, ist so gut wie sicher, dass János Áder seinem zurückgetretenen Vorgänger Pál Schmitt nachfolgen wird. Am Mittwoch soll der Staatspräsident gewählt werden.

Mittagsjournal, 30.4.2012

Réka Tercza und

Opposition enttäuscht

Die ungarischen Oppositionsparteien sind enttäuscht. Bis zum Schluss haben sie gehofft, Premier Viktor Orbán werde zumindest einen halbwegs Parteiunabhängigen für das Amt des Staatspräsidenten vorschlagen. Doch die Wahl der Regierungspartei Fidesz ist auf das langjährige Parteimitglied János Áder gefallen. Der ungarische Sozialdemokrat László Botka wirft der Regierung Parteilichkeit zu Lasten der ungarischen Demokratie vor:

Die Fidesz begeht einen großen Fehler, da sie die jetzige Situation nicht dafür nutzt, das Image des Präsidentenamtes zu verbessern. Stattdessen will sie die Position Orbáns stärken und setzt deshalb erneut einen Parteisoldaten im Sándor-Palast, dem Sitz des Präsidenten ein.

Boykott angekündigt

Auch die übrigen Oppositionsparteien stehen dem neuen Mann an der Seite von Viktor Orbán kritisch gegenüber. Sie bestreiten, dass sich Áder grundlegend von seinem gescheiterten, sehr Orbán-treuen Amtsvorgänger Pál Schmitt unterscheidet.

Dass sich der künftige Staatspräsident in strittigen Fragen gegen Orbán stellen könnte, halten diese für ausgeschlossen. Aus Protest droht die Opposition die Wahl des Staatspräsidenten in zwei Tagen zu boykottieren.

Kurzzeitige Spannungen mit Orban

János Áder ist einer der Mitbegründer der Regierungspartei Fidesz. Er gilt als trocken und zurückhaltend, doch zugleich auch als einer der loyalsten Gefährten Orbáns. Während der ersten Regierung Orbán von 1998 bis 2002 war Àder Parlamentspräsident, danach bis 2006 Fraktionsvorsitzender der Fidesz-Partei. Medienberichten zufolge kam es damals zu Differenzen zwischen Orbán und Áder. Die Konsequenz: Áder suchte das Weite und ließ sich 2009 ins Europäische Parlament wählen. Die damaligen Spannungen dürften jetzt ausgeräumt sein.

Befürworter und Gegner im Ausland

Der ÖVP-Europaabgeordnete Richard Seeber, der Áder aus dem Europäischen Parlament kennt, ist von den Qualitäten des künftigen Staatsoberhaupts überzeugt: er habe sich durch korrekte Amtsführung ausgezeichnet.

Für den SPD-Abgeordneten Michael Roth ist János Áder hingegen kein geeigneter Staatspräsident. Schließlich, so Roth gibt es in ganz Europa einen massiven Vertrauensverlust gegenüber Ungarn. Man müsse fragen, ob ein klassischer Parteipolitiker geeignet sei, um einen Beitrag zur Versöhnung der ungarischen Gesellschaft zu leisten. Das sei sehr schwierig. Die Wahl hätte auf einen anderen Kandidaten fallen sollen, betont Roth. Besser wäre es gewesen, eine Persönlichkeit zu wählen, der in der ungarischen Gesellschaft und Politik Ansehen genieße – ein Mann, der Brücken baut.

Offen bleibt, ob Áder, wie angekündigt ein Präsident für alle sein wird. Sicher ist nur, dass mit seiner Ernennung der Einfluss der Fidesz-Partei weiter einzementiert wird.