Al-Kaida heute geschwächt

Ein Jahr nach Ermordung Bin Ladens

Vor einem Jahr haben Spezialeinheiten der amerikanischen Navy-Seals den Terroristenführer Osama bin Laden getötet. Nach dessen Tod ist eine Lücke an der Spitze des Terrornetzwerkes Al-Kaida entstanden. Zwar führt seit Bin Ladens Tod sein früherer Stellvertreter, der Ägypter Aiman al-Zawahiri, das Terrornetzwerk - Experten zufolge ist die Al-Kaida jedoch geschwächt.

Mittagsjournal, 2.5.2012

Katharina Wagner und

Symbolkraft fehlt

Ein Jahr nach dem Tod Osama bin Ladens ist das Terrornetzwerk Al-Kaida geschwächt und zersplittert. Auch wenn Bin Laden nach dem 11. September kein operativer Anführer des Netzwerkes mehr war, fehlt der Al-Kaida heute seine Symbolkraft, meint der Politologe Asiem El Difraoui von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik. Er beschäftigt sich, seit Jahren mit der islamistischen Terrororganisation. Bin Laden sei eine Symbolfigur gewesen, die heute fehle. Aber auch nach seinem Tod seien andere hohe Al-Kaida-Kader ausgeschaltet worden, diese operative Struktur würde nun fehlen.

Nachfolger Zawahiri nicht sehr beliebt

Alle Experten sind sich einig: Die Lücke die Osama Bin Laden an der Spitze der Terrororganisation hinterlassen hat, kann auch sein Nachfolger und ehemaliger Stellvertreter Aiman al-Zawahiri nicht füllen. Der Al-Kaida-Experte Guido Steinberg meint, dieser sei nicht besonders beliebt. Er sei ein strategischer Kopf, respektiert, aber besserwisserisch.

Der 62-jährige Al-Zawahiri steht für die Dominanz der Ägypter in der Führungsriege der Al-Kaida. Ein Einfluss der von vielen Mitgliedern des Netzwerkes, seit mehr als 15 Jahren kritisiert wird. Die Folge: Gelder aus der Golfregion fließen mittlerweile nichtmehr zur Al-Kaida Führung nach Pakistan, sondern zum Ableger in den Jemen. Das schwächt die pakistanische Führung der Al-Kaida und fördert die Zersplitterung des Netzwerkes. Die einzelnen Gruppen agieren weitgehend isoliert voneinander, wie in einem Franchise-Unternehmen, sagt Asiem El Difraoui. Die Struktur habe sich bis heute wenig verändert mit einer Kern-Al-Kaida und herum viele Filialen, die gut von dem Namen leben sowie von dessen Ideologie.

Kampf gegen USA verloren

Gerade wegen der Gefahr des Jihad, gibt es trotz der Schwächung von Al-Kaida keine Entwarnung für Europa, sagt Experte Guido Steinberg: Anschläge wie vom 11. September seien zwar nicht realistisch, aber sie sei in der Lage junge Muslime weltweit zu rekrutieren und zu motivieren. Gleichzeitig sind aber auch die Sicherheitskräfte heute besser auf die Bedrohung eingestellt. Heute müsse man sich daher verstärkt auf Einzeltäter konzentrieren.

Auch wenn Al-Kaida zersplittert ist, ein Jahr nach Osama bin Ladens Tod eint der Anti-Amerikanismus die einzelnen Gruppen der Organisation. Laut Steinberg hat die Al-Kaida den Kampf gegen den übergroßen Gegner USA mittlerweile aber fast vollständig verloren.