Bürokratie behindert Verwertung von Mafia-Gütern

Anti-Mafia-Erfolge überfordern Behörden

Seit mehreren Jahren schon haben die Behörden in Italien ihren Kampf gegen die Mafia deutlich verstärkt. Und jetzt zeigen sich auch beeindruckende Erfolge. Die sind sogar so groß, dass nicht nur die Gefängnisse ständig überfüllt sind, sondern auch, dass die Beamten damit überfordert sind, die Milliardenwerte an beschlagnahmten Gütern zu Geld zu machen.

Mittagsjournal, 3.5.2012

"Staat stärker als die Mafia"

Der Mann ist mittlerweile eine Legende hier in Italien - und er hat ohne Zweifel einen der gefährlichsten Jobs der Welt. Pietro Grasso ist der oberste Mafia Jäger Italiens. Jetzt hat der dem Radio der RAI eines seiner eher seltenen Interviews gegeben. Seine Bilanz kann sich sehen lassen: Dutzende Mafia-Chefs sind alleine in den vergangenen Monaten hinter Gitter gewandert: "Der Staat ist mittlerweile stärker als die Mafia. Man braucht ja nur in die Zeitungen zu sehen. Fast jeden Tag kann man da lesen, dass uns wieder ein großer Schlag gelungen ist - in allen Teilen Italiens."

Langwierige Verwertung

Und, mindestens genauso wichtig, die enormen Gewinne der Mafia werden abgeschöpft: "Wir konnten in den vergangenen dreieinhalb Jahren Mafia Güter im Wert von 40 Milliarden Euro einziehen, und zusätzlich drei Milliarden in Euro in bar. Das ist angesichts unserer Ausstattung ein Wunder, das unsere Männer vollbringen."

Allerdings, und das klingt schon wieder fast absurd, die Behörden sind das Opfer ihrer eigenen Erfolge. Denn vor allem bei Grundstücken oder ganzen Wirtschaftsbetrieben ist der Aufwand, diese zu Geld zu machen, oft riesig. Hier steht die eigene, umständliche Bürokratie dann dem Personalmangel in den Ämtern gegenüber: "Das ist das Problem. Die Summen sind mittlerweile so hoch, dass es einen enormen Verwaltungsaufwand braucht. Dabei brauchen wir das Geld dringend für soziale Aufgaben. Aber die ganze Prozedur der Beschlagnahme dauert sehr lange." Und so dauert es oft Jahre, bis das Geld in der Staatskasse landet.

Mafia macht das Geld selbst

Doch die Mafia bleibt auch nicht untätig. So hat sich ihr, zumindest wirtschaftliches, Zentrum in die Region Mailand verlegt. Dort wird das Geld aus Drogen, Waffenhandel und Schutzgelderpressung weiß gewaschen und in den Wirtschaftskreislauf eingespeist. Das organisierte Verbrechen ist so immer öfter auch an großen legalen Firmen oder Immobilienprojekten beteiligt. Und immer öfter stellt die Mafia das Geld gleich selbst her. Rund um die Gemeinde Giugliano nördlich von Neapel befindet sich die höchste Konzentration von Falschgeldwerkstätten in Europa. Mehr als die Hälfte der gefälschten Euro-Banknoten, die im Euro Raum im Umlauf sind, stammen aus dieser von der Camorra kontrollierten Region. Und die Druckqualität der Blüten sei nahezu perfekt, so Experten. In Umlauf gebracht werden die falschen Banknoten dann allerdings nicht in Europa, sondern zumeist in Afrika oder Lateinamerika - von wo sie dann über Umwege zurück in den Euro-Raum kommen.