Unerfüllte Erwartungen

Fünf Jahre Sarkozy - eine Bilanz

Mit großen Versprechungen hat Nicolas Sarkozy seine fünfjährige Amtszeit begonnen. Dass er davon kaum eine gehalten hat, ist mit ein Grund dafür, dass ihn der Sozialist Francois Hollande nun vom Thron stößt.

Mittagsjournal, 7.5.2012

Hans Woller berichtet aus Paris

Große Versprechungen

Vor fünf Jahren stand Nicolas Sarkozy als strahlender Sieger in Paris auf dem Place de la Concorde und rief den Franzosen zu: "Ich werde euch nicht verraten, ich werde euch nicht belügen. Ich werde euch nicht enttäuschen. Ich habe Vollbeschäftigung versprochen und ich werde für Vollbeschäftigung kämpfen. Ich habe gesagt, dass die Kaufkraft ein großes Problem ist, ich werde für mehr Kaufkraft kämpfen."

Nichts erfüllt

Fünf Jahre später ist Nicolas Sarkozy gewiss auch aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise eben darüber gestolpert. Die Arbeitslosigkeit liegt erstmals seit langem wieder über zehn Prozent - fast eine Million Arbeitslose mehr als zu Beginn seiner Amtszeit. Die Kaufkraft hat im letzten Jahr stagniert, jeder achte Franzose lebt unter der Armutsgrenze. Gleichzeitig sind die Staatsschulden auf fast 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geklettert und das Außenhandelsdefizit hat unter Sarkozys Regierung den Nachkriegsrekord von 70 über Milliarden Euro erreicht. Als positiv in Sarkozys Bilanz werden gemeinhin seine gegen große Widerstände durchgebrachte Pensionsreform und der Autonomiestatus für Frankreichs Universitäten ins Feld geführt.

Gemischte Außenpolitik-Bilanz

An die Welt gewandt hatte Nicolas Sarkozy vor fünf Jahren gesagt, "ich will, dass überall in der Welt die Unterdrückten, die gepeinigten Frauen und die Kinder, die Arbeitssklaven sind, wissen, dass es ein Land auf der Welt gibt, das großzügig gegenüber allen Verfolgten ist, und das ist Frankreich." In der Praxis war davon sehr schnell nicht mehr viel zu spüren. Im Dialog mit Russland oder China speilten Menschenrechte sehr schnell keine Rolle mehr. Den arabischen Frühling hat Frankreichs Diplomatie anfangs fast vollständig verpasst. Gleichzeitig wird außenpolitisch sicherlich Sarkozys Krisenmanagement in der EU in Erinnerung bleiben, sein maßgeblicher Anteil an der Intervention in Libyen, seine Haltung gegenüber Putin im Georgien-Konflikt und die vollständige Reintegration Frankreichs in die Nato.

Spannung statt Beruhigung

Frankreichs Tageszeitung Le Monde hat jüngst eine Bilanz der Amtszeit von Nicolas Sarkozy gezogen unter dem Titel: "Eine Republik steht unter Spannung." Der Direktor Eric Israelewitsch: "Es hat Krisensituationen gegeben, die für die Menschen und das Land ohnehin sehr destabilisierend waren. Anstatt nun beruhigend zu wirken oder eine Perspektive zu geben, ein Ziel zu stecken, haben wir so etwas wie einen wild gewordenen Manager gehabt. Und Sarkozy hat versucht, eine unglaubliche Anzahl von Dingen in diesen fünf Jahren zu machen und versucht, überall hinzulangen. In Krisenzeiten muss man aber eher beruhigen und besänftigen. Sarkozy aber hat Frankreich unter Spannung gesetzt."