Erstes Fernsehduell in der arabischen Welt

Ägypten: TV-Duell um Präsidentenamt

In zwei Wochen wird in Ägypten der Präsident gewählt. Noch sind die meisten Ägypter unentschlossen, wem sie ihre Stimme geben wollen, viele Kandidaten sind ausgeschlossen worden. Die zwei Spitzenkandidaten müssen um jede Stimme kämpfen. Am Donnerstagabend waren sie in einer Fernsehdiskussion zu sehen - eine Sensation für Ägypten.

Mittagsjournal, 11.5.2012

Karim El-Gawhary im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen

Ex-Mubarak-Minister gegen Ex-Muslimbruder

Die Wahl des ägyptischen Präsidenten sollte der demokratische Schlusspunkt des arabischen Frühlings sein, der in Ägypten so hoffnungsvoll begonnen hatte, dann aber doch blutig und mit Gewalt fast gescheitert wäre. Die Begeisterung über den Sturz von Mubarak wurde durch das Militär eingedämmt, das die Macht über Ägypten nicht abgeben wollte. Von den Präsidentschaftskandidaten, die in den ersten Wochen des arabischen Frühlings im Gespräch waren, ist kaum einer übrig geblieben.

Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten, der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga Amr Mussa und der gemäßigte Islamist Abdel Moneim Abul Futuh, begegneten einander am Donnerstag in einem politischen Fernsehduell. Das hatte es noch nie gegeben und es wurde auch ausgeschlachtet: Vier Stunden lang haben die Mussa und Futuh ihre Positionen verteidigt.

Duell als Fernsehereignis

Die am Donnerstag live von zwei privaten Fernsehsendern übertragene Debatte erwies sich als wahrer Hit: Viele Ägypter saßen zu Hause vor ihren Bildschirmen, andere zog es zum gemeinsamen Schauen und Diskutieren in Cafés.

Das Duell war nach amerikanischem Vorbild aufgebaut. Den Kandidaten wurden 24 Fragen gestellt, sie hatten jeweils zwei Minuten Zeit, zu antworten. Spannend sei es immer geworden, wenn sich die Kandidaten gegenseitig befragen konnten, analysiert Ägypten-Korrespondent Karim El-Gawhary, da hätten die beiden versucht, einander nach Möglichkeit zu diskreditieren.

Kandidaten schenkten einander nichts

Abdul Futuh warf seinem Rivalen Mussa vor, als langjähriger Außenminister unter dem vor 15 Monaten gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak Teil eines korrupten und repressiven Regimes gewesen zu sein. Als "Teil des Problems" könne Mussa nun nicht die "Lösung" sein. Moussa sei ein "Mann des alten Regimes, ein Mann der nie ein Wort der Opposition gegen Mubarak gesagt hat", schildert El-Gawhary die Konfrontation. Amr Mussa warf seinem Konkurrenten seine langjährige Mitgliedschaft bei den ehemals verbotenen Muslimbrüdern vor und dass er immer noch ein "verkappter Muslimbruder" sei.

Karim El-Gawhary meint, es sei an beiden Vorwürfen etwas dran. Mussa sagte in der Debatte, er habe das System Mubarak schon vor zehn Jahren verlassen. Futuh wiederum eckte letztes Jahr zunehmend bei den Muslimbrüdern an, weil er zu liberale Positionen vertritt. Er wurde ausgeschlossen, als er ankündigte, als Präsidentschaftskandidat gegen die Muslimbrüder anzutreten. Der Kandidat der Muslimbruderschaft soll es übrigens abgelehnt haben, an der Sendung teilzunehmen.

Entscheidend: Macht gegenüber Militär

Beide Kandidaten haben im Fernsehduell versucht, die Unterschiede herauszuarbeiten. Mussa präsentierte sich laut El-Gawhary als Mann der politischen Erfahrung. Er habe bereits auf dem politischen Parkett gearbeitet, er könne das Land aus seiner Situation herausholen. Futuh auf der anderen Seite, stellte sich als Mann der Revolution dar, als jemand, der vom ersten Tag an mit am Tahrir-Platz war.

Meinungsumfragen sehen die beiden Kandidaten laut El-Gawhary nicht weit voneinander entfernt. Allerdings seien die meisten Ägypten noch unentschlossen, wem sie ihre Stimme geben wollen. Deshalb sind Debatten, auch im Fernsehen, so wichtig. Mussa und Futuh werden noch hart kämpfen müssen, es geht um jede einzelne Stimme.

Wer auch immer nach der Wahl Präsident wird – entscheidend wird sein, wie viel Macht der Präsident gegenüber dem Militär haben wird, was über die Verfassung ausgehandelt werden wird.