Gegen "Bazillus der Unkorrektheit"
Fischer: Österreich braucht Reinigungsprozess
Bundespräsident Heinz Fischer begrüßt das von der Regierung geplante Transparenzpaket, ruft aber zu einem "Reinigungsprozess" und zum Kampf gegen den "Bazillus der Unkorrektheit" auf. Zum Thema Ukraine äußert sich Fischer "Im Journal Zu Gast" vorsichtiger als etwa die deutsche Kanzlerin Merkel. Was Griechenland betrifft, fordert Fischer neben dem Sparkurs Perspektiven für die Bevölkerung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 12.5.2012
Bundespräsident Heinz Fischer "Im Journal zu Gast" bei Klaus Webhofer
Für "Reinigungsprozess"
Das Transparenzpaket ist für den Bundespräsidenten ein Teil der nötigen Maßnahmen und der Beginn eines Prozesses, den Fischer mit dem "Reinigungsprozess" nach dem Weinskandal vor 35 Jahren vergleicht. In der Diskussion um die Parteifinanzierung will es Fischer den Parteien überlassen, eine Regelung für Bund und Länder zu finden - anders als bei Parteispenden, wo sich Fischer ausdrücklich gegen unterschiedliche Grenzen ausspricht.
"Höchste Korrektheit" nötig
Zum Thema Korruptions-Untersuchungsausschuss warnt der Bundespräsident davor, "Show-Elemente in den Vordergrund zu stellen, Auskunftspersonen wie Beschuldigte oder gar Angeklagte zu behandeln". Konkrete Namen will Fischer nicht nennen, aber: "Es wird das positive Bild eines U-Ausschusses beeinträchtigt, wenn nicht alle sich höchster Korrektheit befleißigen."
"Bazillus der Unkorrektheit" bekämpfen
Als Abhilfe gegen ein "System der Gefälligkeiten" (Zitat Ex-Telekom-Austria-Vorstand Fischer) nennt der Bundespräsident eine "Rechtslage auf der Höhe der Zeit" und ein "festes Bewusstsein der Bevölkerung, dass wir eine Politik der sauberen Hände brauchen". Fischer grundsätzlich: "Wir müssen den Bazillus von Unkorrektheit und des Sich-Vorteile-Zuschanzens energisch bekämpfen, dass daraus nicht eine ansteckende Krankheit wird." Es reiche nicht, das Strafgesetz einzuhalten, sondern es brauche darüber hinaus - neben den zehn Geboten und der Kinderstube - ein Bewusstsein, "was geht und was nicht mehr geht", ein "Gefühl dafür, was der Gesellschaft zumutbar ist und was nicht".
Weiter kein Orden für Strache
Ende Jänner hat die Verweigerung eines Ordens an FPÖ-Chef Heinz Christian Strache durch Bundespräsident Fischer für Diskussionen gesorgt. Der Grund damals: Kolportierte Äußerungen Straches beim Burschenschafterball. Er soll angesichts der Proteste gegen diesen Ball gesagt haben: "Das war wie die Reichskristallnacht" und "Wir sind die neuen Juden."
Wie es aussieht, wird Strache in Fischer Amtszeit auch keinen Orden mehr bekommen: "Nachdem sich die Dinge nicht verändern können, wird diese für Österreich nicht von zentraler Bedeutung seiende Frage wahrscheinlich so bleiben wie sie jetzt ist", so Fischer im Ö1 Interview am Samstag.
"Diktatur" Ukraine?
Wegen des Umgangs mit Oppositionsführerin Julia Timoschenko hat Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel die Ukraine eine Diktatur genannt. Fischer will nicht so weit gehen und ist vorsichtiger: Das politische System in der Ukraine sei nicht vergleichbar mit "lupenreinen Demokratien". Mit "Diktatur" allein könne man die Ukraine aber nicht beschreiben. Es gebe Wahlen mir relativ knappem Ausgang und einen großen Meinungspluralismus, aber es gebe Gerichtsverfahren, die offenbar für politische Zwecke ausgenützt werden. Fischer appelliert an die ukrainische Führung, "im Umgang mit Frau Timoschenko vorsichtig zu sein und nicht Angriffsflächen zu schaffen, für ihre Gesundheit zu sorgen und einen völlig transparenten Prozess unter Teilnahme westlicher Beobachter zu machen." Was den Politiker-Boykott der Fußball-EM in der Ukraine betrifft, spricht sich Fischer für die Trennung von Sport und Politik aus. "Ich werde dieses Mal nicht teilnehmen", so Fischer. Allerdings ist Österreich ohnehin nicht qualifiziert.
Perspektiven für die Griechen
Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone wäre nicht völlig auszuschließen, sagt Fischer. Aber er hätte große Nachteile, sowohl für Griechenland selbst als auch für die anderen Euro-Staaten. Daher werde man alles tun, um die Euro-Zone intakt zu halten. Was das Rettungs- und Sparpaket betrifft, drängt Fischer auf die Einhaltung: "Was man vereinbart hat, muss man halten." Zusätzlich müssten aber Impulse für "Chancen und Wachstum" gesetzt werden. Die Menschen in Griechenland brauchten "Perspektiven als Ansporn, um sich aus dem Schlamassel herauszuarbeiten".