Putin läßt durchgreifen

Drastische Strafen für unerlaubte Demos

In Russland will die Führung von Wladimir Putin jetzt noch härter gegen Proteste und Demonstrationen vorgehen. Laut einem neuen Gesetz, das jetzt in der Duma in erster Lesung beschlossen wurde, soll die Strafe für die Teilnahme an unerlaubten Protesten auf bis zu 30.000 Euro erhöht werden.

Abendjournal, 23.5.2012

Aus Moskau,

Protest via Twitter

Spaziergehen ist der neue Protest: Einmal schieben bildenden Künstler ihre Kunstwerke auf kleinen Wägelchen durch die Stadt, dann spazieren Schriftsteller über die Boulevards und geben vor über Literatur zu diskutieren, dann eine Occupy-Lager, das sich an immer neuen Plätzen der Moskauer Innenstadt festsetzt. Und immer kommen tausende, manchmal sogar zehntausende Menschen zu diesen nicht offiziell angekündigten Kundgebungen.

Die Obrigkeit hat kein Rezept mit dieser Form von zivilem Ungehorsam umzugehen. Einmal kommt die Einsatzpolizei und verhaftet wahllos, wen sie in die Finger bekommt. Dann werden mutmaßliche Führungsfiguren der Protestbewegung wie der Blogger Alexej Navalny, der linke Aktivist Sergej Udalzov oder der Jungliberale Ilja Jaschin zu mehrtägigen Haftstrafen verurteilt - alles ohne Erfolg. Sie glauben sie können die Proteste stoppen indem sie die Anführer verhaften aber unser Anführer ist Twitter, schreibt Ilja Jaschin nach seiner Verhaftung vom Polizeiauto aus - über Twitter, das gemeinsam mit der Internet-Plattform Facebook zum wichtigsten Kommunikationsmedium der Protestbewegung geworden ist.

Höchststrafen von 20.000 Euro

Jetzt nimmt die Staatsmacht einen neuen Anlauf: Hohe Strafen sollen die Unzufriedenen abschrecken. Bisher konnte die Teilnahme an einer ungenehmigten Demonstration mit einer Geldstrafe von umgerechnet bis zu 50 Euro sanktioniert werden. Diese Strafe soll jetzt auf bis zu 30.000 Euro erhöht werden, sieht ein Gesetzesentwurf vor, der gestern im Parlament in erster Lesung angenommen wurde. Nach massiven Protesten der Oppositionsparteien, die sogar mit einem gemeinsamen Auszug aus der Duma gedroht hatten, sollen diese Strafen aber etwas herabgesetzt werden.

Die Regierungspartei Einiges Russland ist prinzipiell nicht auf die Opposition angewiesen, hat in der Duma aber nur eine knappe Mehrheit - ein schlechtes Bild, wenn der halbe Sitzungssaal beim Beschluss des Gesetzes leer ist. Laut den aktuellen Verhandlungen sollen die Höchststrafen von 30.000 auf unter 20.000 Euro gesenkt werden - im Gegenzug soll es aber ein generelles Demonstrationsverbot vor allen öffentlichen Gebäuden geben. Und die Regierung macht Druck: Das Gesetz soll auf jeden Fall noch vor dem 12. Juni in Kraft treten - für diesen Tag hat die Opposition nämlich zur nächsten Großdemonstration gegen die Politik von Wladimir Putin aufgerufen.