Verteidiger demonstriert Hitler-Gruß

Eklat beim Küssel-Prozess

Das ganze Ausmaß neo-nationalsozialistischer Aktivitäten von Österreichern im Internet ist im Prozess gegen Gottfried Küssel und zwei Mitangeklagte deutlich geworden. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, aber das Bundesamt für Verfassungsschutz hat bereits 14 Verdächtige angezeigt. Einer der Rechtsanwälte hat in dem Prozess im Zuge einer Zeugenbefragung den Hitlergruß demonstriert.

Mittagsjournal, 24.5.2012

Vom Küssel-Prozess berichtet

Hitler-Gruß demonstriert

Die Provokation geschieht bei der Aussage eines Zeugen hier im Straflandesgericht. Er berichtet, dass einer der drei Angeklagten eine Hitlerhuldigungsrede bei einer Veranstaltung im „Reich“ gehalten habe – einem deutschnationalen Verein in Wien. Hakenkreuzfahnen seien aufgehängt gewesen und die rund 25 Anwesenden hätten dann den Arm zum Hitlergruß gehoben. Wie, so? fragt Rechtsanwalt Herbert Orlich, hebt den gestreckten Arm und macht eine Faust, danach zwei Finger, dann drei. Nein, mit der flachen Hand, sagt der junge Zeuge schließlich widerwillig und auf Drängen von Anwalt Orlich. Der verharrt kurz im Hitlergruß. Betretenes Schweigen im Gerichtssaal.

14 Verdächtige angezeigt

Später schildert die Chefin der Sonderkommission des Verfassungsschutzes, dass ihre Ermittlungen ausgelöst wurden durch eine Bedrohung gegen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer auf der Internet-Seite Alpen-donau.info kurz Adi. Erst wegen dieser Drohung hat der Verfassungsschutz aus den USA alle Zugangsdaten zu der Seite bekommen. 14 Verdächtige hat der Verfassungsschutz bisher in Wien, Niederösterreich, der Steiermark, Kärnten und Vorarlberg angezeigt bei den Staatsanwaltschaften - wegen mutmaßlich neonationalsozialistischer Interneteinträge. Und es gebe Indizien und Belege, dass Rechtsextremist Gottfried Küssel und seine zwei hier Mitangeklagten die Hauptverantwortlichen für die Seite waren und nicht etwa antifaschistische Aktivisten, wie das die FPÖ-Politiker Herbert Kickl und Harald Vilimsky in einer Anzeige vermutet hatten, sagt die Verfassungsschützerin im Zeugenstand.

Auf 26. Juni vertagt

Nach der ursprünglichen Planung sollte es schon heute ein Urteil der Geschworenen geben. Doch laut Aussagen der Richter am Rande des Prozesses dürfte der Fahrplan nicht eingehalten werden. Vermutlich wird ein unabhängiger Gerichtssachverständiger bestellt, der die sichergestellten Internetdaten beurteilen soll. Der bisher tätige Sachverständige des Verfassungsschutzes sei wohl voreingenommen, hatte Anwalt Orlich gestern argumentiert. Und zumindest dieser Argumentation des Anwalts mit dem Hitlergruß scheinen die Richter etwas abgewinnen zu können.

Der Wiederbetätigungs-Prozess gegen den Rechtsextremisten Gottfried Küssel und seine Mitangeklagten Felix B. und Wilhelm A. ist Donnerstagmittag im Wiener Straflandesgericht auf den 26. Juni vertagt worden.