Wirtschaftsexperte zu Bankenherabstufung
"Keine Überraschung, kein Grund zur Sorge"
Keinen Grund zur Sorge sieht der Wiener Wirtschaftsprofessor Stefan Pichler in der Herabstufung dreier österreichischer Banken durch die Ratingagentur Moody’s. Die Bewertung gehe auf deren Osteuropa-Engagement zurück, schlimmstenfalls würden die Erträge sinken. Nur die Lage in Spanien bereitet Pichler Kopfzerbrechen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 6.6.2012
Stefan Pichler im Gespräch mit Paul Schiefer
Moody's ändert Bewertungssystem
"Grundsätzlich nicht überraschend" – so bezeichnet der Bankenexperte der Wirtschaftsuniversität Wien, Stefan Pichler, die Herabstufung der drei größten österreichischen Geldinstitute Raiffeisen, Erste und Bank Austria. Erstens sei der Zeitplan für die Bewertung bereits bekannt gewesen. Und zweitens habe die Ratingagentur Moody's ihr Bewertungssystem geändert.
"Früher hat Moodys die Möglichkeit, dass ein Staat Banken stützt, stark in das Ergebnis einfließen lassen und daher auch die österreichischen Institute naturgemäß gut bewertet." Nach der neuen Methode würde diesem Aspekt aber nicht mehr so hohes Gewicht zukommen. Daher würden sich die Ratings von Banken in allen europäischen Ländern verschlechtern, in Deutschland ebenso wie in Frankreich, sagt Pichler.
"Österreichs Banken sicher"
Die Bankkunden jedenfalls könnten die neue Bewertung getrost ignorieren, an der Gesamtsituation – Stichwort Griechenland und Spanien – habe sich ja nichts geändert, so der Bankenexperte.
Im Gegenteil: Die heimischen Banken seien in den letzten Jahren sogar noch sicherer geworden. "Die Institute haben ihre Eigenkapitalbasis, also den Puffer gegen Risikosituationen, extrem verstärken können. Und auch die Staatshilfe hat eine große Rolle gespielt", so Pichler.
Lage in Spanien ungleich drastischer
Das schlimmste, was den Banken also passieren kann ist laut Pichler, dass die Ertragslage in Osteuropa nicht mehr so gut ist wie in den letzten zehn Jahren. "Und dann ist man wieder auf demselben Level, den die Banken vor ihrem Osteuropa-Engagement vor zehn Jahren hatten. Und auch da haben sie gut gelebt."
Alleine die Finanzlage der spanischen Banken und die spanische Wirtschaftssituation bereite ihm Sorgen. Wenn es dort zu einem "Wort-Case-Szenario" ähnlich wie in Griechenland komme, dann wären nicht nur die österreichischen Banken, sondern das gesamte europäische Finanzsystem in Gefahr.
Zur Erinnerung: Eine der größten spanischen Banken muss vom Staat gestützt werden. Und seit neuestem kann sich das Land wegen hoher Zinsen auf Staatsanleihen (bis zu 7 Prozent) nicht mehr selbst an den Märkten finanzieren.