Bei Parlamentswahlen am Sonntag

Hollande hofft auf mehr Macht

Am Sonntag wird in Frankreich ein neues Parlament gewählt. Die französische Linke hofft auf einen Sieg, um ihrem neuen sozialistischen Präsidenten Francois Hollande noch mehr Rückenwind zu verschaffen. Derzeit sieht es für das linke Lager gut aus. Die große Unbekannte ist allerdings die Enthaltungsrate, die auf 40 Prozent geschätzt wird.

Mittagsjournal, 8.6.2012

Eva Twaroch aus Paris

Sozialisten: Mehrheit noch ungewiss

Einen Monat nach den Präsidentschaftswahlen wird in Frankreich erneut gewählt. In zwei Runden – am 10. und am 17. Juni – können die Wähler ihre Stimmen für die beiden Parlamentskammern, die Nationalversammlung mit ihren 577 Abgeordneten sowie den Senat mit 348 Senatoren, abgeben.

Derzeit zeichnet sich zwar ein Sieg für die seit dem Amtsantritt von Präsident Francois Hollande im Mai regierende Linke ab, doch ist ungewiss, ob die Sozialistische Partei (PS) des neuen Staatsoberhauptes die absolute Mandatsmehrheit erringen kann.

Ayrault: "Franzosen sollen Hollande unterstützen"

Die jüngste CSA-Umfrage geht von 45 Prozent der Stimmen für die Linke aus - wovon 30 Prozent auf die Sozialisten entfallen. 31,5 Prozent wollen für die bürgerlich-konservative "Union für eine Volksbewegung" (UMP) stimmen, die seit 2002 - zuerst unter Jacques Chirac, dann unter Nicolas Sarkozy - ununterbrochen regiert hatte. Und 14 Prozent votierten für die rechtsextreme Partei "Front national" (FN).

Der neue Regierungschef Jean-Marc Ayrault unterstützt daher andere linke Kandidaten, wo er nur kann. Seine Botschaft ist klar: "Ich rufe alle Franzosen auf, den Präsidenten eine breite Mehrheit zu geben." Nur so könne es Stabilität und Wachstum geben und nur so könne Frankreich wieder zu einer "Stimme in der Welt" werden.

Hollande braucht Parlament für Reformen

Obwohl die Präsidentschaftswahl gewissermaßen die Königsdisziplin ist, entscheidet die Parlamentswahl darüber, wie viele seiner Versprechen der französische Präsident auch tatsächlich umsetzen kann. Hollande braucht für seine Reformen eine Mehrheit der Abgeordneten.

Die Nationalversammlung ist die beudeutendere der zwei Parlamentskammern. Die Abgeordneten sind gemeinsam mit den Senatsmitgliedern für die Kontrolle der Regierungsarbeit und die Gesetzgebung zuständig. Wegen der großen Machtfülle des französischen Präsidenten haben sie aber deutlich weniger Einfluss als etwa die Abgeordneten in Österreich.

Wähler wenig motiviert

Um den Sozialisten das Feld nicht kampflos zu überlassen, schießen sich die Konservativen auf Hollandes Steuerreform ein. Schon bald würden die Bürger die Rechnung für seine Ausgabenpolitik bekommen, heißt es.

Die große Unbekannte ist allerdings die Enthaltungsrate, die laut Umfragen 40 Prozent erreichen dürfte - das Doppelte gegenüber der Präsidentenwahl vom 6. Mai. Bei einer so geringen Wählerbeteiligung benötigt ein Kandidat etwa 21 Prozent der Stimmen, um das Quorum von 12,5 Prozent der Wahlberechtigten zu erreichen, das für die Zulassung zum zweiten Wahlgang nötig ist.