Zypern als Rettungsschirm-Kandidat

Spanien hat sich gerade erst zu EU-Finanzspritzen durchgerungen und schon kommt die nächste Hiobs-Botschaft: Zypern könnte ebenfalls bald unter den Rettungsschirm schlüpfen. Damit droht eine denkwürdige Premiere: Ab Juli hat Zypern die Präsidentschaft der EU inne und wäre damit das erste Land, das gleichzeitig am Tropf seiner europäischen Partner hängt.

Morgenjournal, 13.6.2012

Aus Brüssel berichtet Sabine Schuster.

Bei "Grexit" pleite

Nikosia blickt dieser Tage ängstlich Richtung Athen - denn wenn Griechenland den "Grexit" vollzieht, also die Eurozone verlässt, dann wäre der Inselstaat Zypern am nächsten Tag bankrott. Die geschichtlich begründeten engen Bande zum großen Bruder Griechenland spiegeln sich auch in der Wirtschaft wider: Durch den griechischen Schuldenschnitt haben Zyperns Banken schwere Verluste erlitten, müssen Milliardenbeträge abschreiben. Aber die Banken haben nicht nur massiv in griechische Staatsanleihen investiert, sondern auch ein gewaltiges Kreditvolumen von bis zu 23 Milliarden Euro in Griechenland angehäuft - zum Vergleich: die Wirtschaftsleistung Zyperns beträgt knapp unter 18 Milliarden Euro. Die Außenstände der Banken bei griechischen Schuldnern sind also um fünf Milliarden höher als das, was die Republik Zypern innerhalb eines Jahres an Gütern und Waren produziert.

Hilfe aus Moskau

Die EU beobachtet die Lage besorgt. Währungskommissar Olli Rehn: "Die Kommission hat in Zypern sehr schwerwiegende Ungleichgewichte festgestellt - nicht zuletzt aufgrund des Bankensektors. Maßnahmen sind dringend erforderlich." Zypern bekommt seit 2011 kein Geld mehr am Kapitalmarkt, Nikosia hält sich nur dank eines russischen Kredits von 2,5 Milliarden Euro über Wasser. Geld, an das für Zypern außer 4,5 Prozent Zinssatz - zumindest offiziell - keine Bedingungen geknüpft sind - im Gegensatz zu den Auflagen beim EU-Rettungsschirm.

Zeitdruck durch griechischen Wahltermin

Doch die Moskauer Finanzspritze ist für alte Schulden draufgegangen, neues Geld nicht in Sicht. Aus Brüsseler Kreisen sickert durch, dass die EU schon seit Wochen bereit stehe, um Zypern zu helfen - man warte nur auf den Hilferuf aus Nikosia, bevorzugt noch vor den Wahlen in Griechenland. Zyperns Regierungssprecher Stefanou schließt jedenfalls nichts mehr aus. Die Flucht unter den Rettungsschirm könnte also sogar sehr rasch nötig sein - keine rosigen Aussichten für Zypern, und das knapp zwei Wochen bevor der Inselstaat die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt.