Fiedler: "Korruption quer durch Österreich"

Affären wie die in Kärnten hätten auch ihr Gutes, glaubt Franz Fiedler, Korruptionsexperte und früherer Präsident des Rechnungshofes. Fiedler meint, Politiker würden es sich in Zukunft zwei Mal überlegen, bevor sie auch nur in die Nähe von Korruption geraten. Aber allein auf die abschreckende Wirkung zu vertrauen, sei zu wenig.

Morgenjournal, 6.8.2012

Kärnten kein Sonderfall in Sachen Korruption

Jede der politischen Parteien müsse dringend moralisch aufrüsten, fordert Korruptionsexperte Franz Fiedler als Konsequenz aus den jüngsten Korruptionsaffären. So sollten die Parteien für sich genaue Regeln festlegen, ab wann ein Funktionär, der im Verdacht steht, gegen das Gesetz verstoßen zu haben, aus seinem Amt ausscheiden muss. "Ist das bereits im Zeitpunkt der Anzeige oder erst im Zeitpunkt von Erhebungen, im Zeitpunkt der Anklage oder vielleicht auch erst im Zeitpunkt einer Verurteilung – das finde ich allerdings dann schon reichlich spät. Vermutlich wird jene Partei, die die strengeren Regeln aufstellt, in der Öffentlichkeit besser ankommen," meint Franz Fiedler, Präsident des Beirates von Transparency International in Österreich.

Auch sollten Politiker für Spitzenpositionen wesentlich sorgfältiger ausgewählt werden. Denkbar wäre etwa, dass sich künftige Regierungsmitglieder einer Anhörung durch das Parlament unterziehen müssen, damit man ein Bild von ihnen bekommt. Denn Franz Fiedler hält Kärnten nicht für einen Sonderfall: "Grundsätzlich ist es so, dass die Korruption quer durch Österreich besteht. Das beste Beispiel dafür sind die Themen, die im immer noch anhängigen Untersuchungsausschuss des Nationalrats behandelt werden."

Noch viel Aufklärungsbedarf in der Causa Birnbacher

Fiedler rechnet damit, dass in Kärnten durch Aussagen in den Verfahren noch mehr ans Tageslicht kommt. Vor allem gelte es, auch noch viele offene Fragen zu klären. Etwa: Wo ist das Geld? Wohin sind die sechs Millionen Euro, die der Steuerberater Dietrich Birnbacher als Honorar beim Verkauf der Kärntner Hypo Alpe Adria-Bank bekommen hat, wirklich hin verschwunden?

Für Franz Fiedler gibt es hier mehrere Optionen: "Was ist mit dem Geld, das Josef Martinz übernommen hat, geschehen? Ist das an die ÖVP weiter geleitet worden, ist das in andere Kanäle geflossen, hat sich das Martinz vielleicht selbst behalten? Und was die restliche Summe anlangt, die ja weit höher ist, als jener Betrag, der an Martinz ausgefolgt wurde, stellt sich auch die Frage: Ist das sämtlich bei Birnbacher verblieben, ist das anderen Personen zugutegekommen, hat es noch weitere Kanäle gegeben – das muss erhoben werden."

"Kärnten hat zumindest abschreckende Wirkung"

Um die zahlreichen Korruptionsdelikte klären zu können, und zwar rasch klären zu können, appelliert Fiedler an die Justizministerin, dringend die Staatsanwaltschaften personell aufzustocken. Es brauche 30 bis 50 Staatsanwälte mehr, außerdem eine Verdoppelung der Korruptionsstaatsanwaltschaft auf 40 Posten sowie eine verbesserte Ausbildung der Staatsanwälte in Wirtschaftsfragen, denn, so Fiedler: "Vielfach sind sie nicht alleine in der Lage, sondern bedürfen wegen kleinerer und weniger wichtiger Schritte schon der Beiziehung von Sachverständigen, was sich in der Vergangenheit auch nicht als unproblematisch herausgestellt hat."

Den wörtlich schrecklichen Ergebnissen in Kärnten und im Untersuchungsausschuss kann Franz Fiedler durchaus auch Positives abgewinnen, vor allem hätten sie ein abschreckende Wirkung für die Zukunft: "Das ist natürlich keine Garantie dafür, dass in der Zukunft keine Korruptionsdelikte mehr gesetzt werden, aber es ist doch ein gewisser Schuss vor den Bug und man wird in Zukunft – davon bin ich überzeugt – wesentlich vorsichtiger sein, sich auf ein gefährliches Terrain einzulassen," meint Fiedler.

Auch das erst in Kraft getretene Gesetz, wonach Parteispenden offen gelegt werden müssen, werde vorbeugend wirken, gibt sich Fiedler überzeugt. Fälle wie Kärnten könnten in Zukunft damit zumindest nicht mehr so leicht passieren.