Diplomatisches Tauziehen um Julian Assange

Zwischen Ecuador und Großbritannien ist die Diplomatie-Reißleine gezogen: der Gründer des Internet-Portals WikiLeaks, Julian Assange, ist in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchtet, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen - dort droht ihm ein Gerichtsverfahren wegen sexueller Nötigung. Jetzt wirft Ecuador Großbritannien vor, die Botschaft stürmen zu wollen.

Morgenjournal, 16.8.2012

Ecuadors Außenminister Ricardo Patino ist empört: Wir wollen das ganz deutlich sagen: wir sind keine britische Kolonie. Die Kolonialzeit ist vorbei, so Patino. Was ihn so aufregt, ist ein Brief, den sein Land von Großbritannien erhalten hat. Der Inhalt: London werde WikiLeaks-Gründer Julian Assange, der ja in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchtet ist, kein freies Geleit aus der Botschaft anbieten, falls Ecuador Assange Asyl gewähren sollte. Und, so behauptet zumindest Ecuador, der Brief enthält auch die Drohung, die Botschaft gegebenenfalls zu stürmen. Laut britischem Recht könnte die Regierung in London tatsächlich den diplomatischen Status der Botschaft aufheben, und dann Polizisten in das Gebäude schicken. Wahrscheinlich ist das freilich nicht - in der Welt der Diplomatie würde es einen Eklat auslösen.

Was Großbritannien aber tatsächlich tun könnte - und ganz offenbar auch plant, ist, Assange festzunehmen, sollte die ecuadorianischen Diplomaten versuchen, ihn von der Botschaft etwa zum Flughafen zu bringen und nach Ecuador zu fliegen. Rund um die Botschaft sind jedenfalls bereits britische Polizisten positioniert worden. Ecuador will heute Nachmittag bekanntgeben, ob es Assange tatsächlich Asyl gewährt. Assange befürchtet, von London nach Schweden, und von dort aus vielleicht weiter in die USA ausgeliefert zu werden. Dort gilt er ja als Landesverräter, seit WikiLeaks US-Geheimdokumente über die Kriege im Irak und Afghanistan veröffentlicht hat.

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