Gemischte Reaktionen auf Karlsruher ESM-Urteil

Am Mittwoch hat das deutsche Bundesverfassungsgericht grünes Licht für den ESM, den europäischen Rettungsschirm, gegeben. Am Tag danach meldet sich in Österreich die Opposition zu Wort. Die Grünen begrüßen das Karlsruher Urteil. BZÖ und FPÖ hingegen toben: Vor allem die Freiheitlichen befürchten weit höhere Haftungen für Österreich.

Mittagsjournal, 13.9.2012

FPÖ fordert Haftungsobergrenze für ESM

Mit knapp 20 Milliarden Euro beteiligt sich Österreich am ESM. Der größte Teil davon sind Haftungen. Dabei wird es nicht bleiben, gibt sich FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache überzeugt. Denn anders als in Deutschland, wo die Verfassungsrichter nun eine Begrenzung der Haftungen von der deutschen Regierung einfordern, sei in Österreich keine Obergrenze für die Haftungen festgelegt. Auch dass zwei eigens dafür eingerichtete parlamentarische Ausschüsse für weitere Haftungen grünes Licht geben müssen, beeindruckt Strache nicht. Solche Beschlüsse hätten keine völkerrechtliche Relevanz, so Strache: "Dem Ausland bzw. dem ESM-Rat ist es natürlich egal, wie oder wann etwas bei uns zur Abstimmung gebracht wird. Die werden zu Recht sagen: Her mit der Marie! Und wir haben zu überweisen. Da sieht man schon alleine an dieser Situation, dass die Grünen sich hier schlichtweg über den Tisch ziehen haben lassen." Strache fordert, dass das Parlament eine Obergrenze für die Haftungen beschließt und zwar so, dass sie völkerrechtlich relevant, also auch für das Ausland bindend, ist. Jedenfalls werde die FPÖ wie angekündigt über die Kärntner Landesregierung eine Verfassungsklage gegen den ESM einbringen.

Grüne verweisen auf Verhandlungserfolg

Eine ganz andere rechtliche Auffassung vertreten die Grünen. Aus Sicht des Grünen Europasprechers Bruno Rossmann ist die Haftung für Österreich sehr wohl mit rund 20 Milliarden begrenzt und kann nur durch einen Beschluss des Nationalrats erweitert werden. Dies sei ein Verhandlungserfolg der Grünen, wie er betont: "Hier kann man natürlich für uns reklamieren, dass eigentlich das, was Karlsruhe gebracht hat, durch die Grünen in Österreich schon ausverhandelt wurde: Jedenfalls nämlich die Beschränkung der Haftungsobergrenzen, die nur durch einen Beschluss des Parlaments abgeändert werden können. Wenn immer wieder beispielsweise von der FPÖ behauptet wird, dass im Worst-Case-Szenario der ESM-Vertrag dazu führt, dass hier Haftungen bis zu 386 Milliarden Euro eingegangen werden können, dann ist das ein Unfug."

BZÖ will Bevölkerung zum ESM befragen

Für das BZÖ ist schon die mögliche Belastung von 20 Milliarden Euro zu groß. BZÖ-Obmann Josef Bucher fordert, am Tag der Volksbefragung zur Wehrpflicht im Jänner die Bevölkerung auch über ihre Meinung zum Euro-Rettungsschirm zu befragen: "Zentrale Frage ist, ob sich Österreich bei der Schuldenübernahme und bei der Rettung europäischer Mitgliedsländer beteiligen soll: Ja oder Nein." Den gestrigen Tag der Entscheidung in Karlsruhe bezeichnet Bucher als schwarzen Tag für Europa.