Fachkräfte dringend gesucht

In Österreich gibt es viel zu wenig Fachkräfte. Die heimischen Betriebe brauchen in den kommenden sechs Monaten bereits rund 150.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie eine aktuelle Umfrage der Wirtschaftskammer zeigt. Ein Drittel der Unternehmen findet nicht mehr genügend Bewerber für die ausgeschriebenen Aufgaben.

Mittagsjournal, 18.9.2012

Anreize für längeres Arbeiten

Es wird immer schwerer Fachkräfte in Österreich zu finden, klagen die Betriebe. Denn gut ausgebildete Mitarbeiter aus den geburtenstarken Jahrgängen der sogenannten Babyboomer-Generation gehen demnächst in Pension, gleichzeitig kommen weniger Jugendliche nach. Dieser demographische Wandel ist eine Tatsache, doch man kann gegenlenken, sagt der Bevölkerungsexperte Rainer Münz und würde zunächst beim Pensionssystem ansetzen: "Das österreichische Pensionssystem setzt im Wesentlichen Anreize, früh in Pension zu gehen. Das war in der Vergangenheit erwünscht um den Arbeitsmarkt zu "entlasten", um die Arbeitslosigkeit niedrig zu halten."

Heute sollen Fachkräfte länger arbeiten. Dafür braucht es aber Anreize, stellt Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser fest. Zum Beispiel könnte ein Teil des Pensionsanspruchs von Fachkräften, die noch nicht in Pension gehen, Arbeitnehmer und Betrieb zu Gute kommen, erklärt Hochhauser: "Das heißt: 25 Prozent soll der Mitarbeiter, der bleibt, zusätzlich zum Gehalt bekommen, 25 Prozent soll der Arbeitgeber weniger Gehaltskosten haben und die Pensionsversicherung spart sich 50 Prozent."

Potenziale im Inland ausschöpfen

Damit die Qualifikation von Eltern dem Arbeitsmarkt nicht verloren geht, braucht es bessere Angebote der Kinderbetreuung. Damit mehr Jugendliche eine Lehre machen, sollte diese Ausbildungsform aufgewertet werden – zum Beispiel, indem man nach der Meisterprüfung ein Studium beginnen kann. Auch wenn die Wirtschaftskammer zunächst die Potenziale im Inland heben will, brauchen die heimischen Betriebe auch Facharbeiter aus dem Ausland, stellt Hochhauser klar: "Wir müssen verstärkt im Ausland nach Talenten fischen."

Erfolgreiche Rot-Weiß-Rot-Card

Die Rot-Weiß-Rot-Card, also das Arbeits- und Aufenthaltsvisum für Fachkräfte aus dem EU-Ausland, sei dazu ein gutes Instrument: "Wir haben im ersten Jahr doppelt so viele Bewerbungen im Rot-Weiß-Rot-Card-System gehabt wie im alten Schlüsselkraft-System." Hochhauser will aber künftig auch ausländische Studenten, die ein Studium in Österreich abgeschlossen haben, im Land halten. Außerdem soll das Genehmigungsverfahren für die Rot-Weiß-Rot-Card künftig schneller gehen.

Großes Potential sieht sie in Bosnien und Serbien: Dort wird in den Schulen Deutsch als zweite Fremdsprache gelehrt und viele Fachkräfte suchen Arbeit. Das gilt auch für Fachkräfte aus Spanien und Portugal, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist. Derzeit läuft in Tirol und Vorarlberg ein Pilotprojekt in 15 Betrieben, 150 spanische und portugiesische Fachkräfte beteiligen sich daran.