SPÖ im Universitätsdilemma
Während derzeit die Rektoren lauthals Forderungen an die Regierung stellen und die Unis harte Verhandlungen mit dem ÖVP-Wissenschaftsminister führen, ist eine Stimme leise: jene der SPÖ. SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl muss bei den Zugangsregelungen den Spagat zwischen Parteilinie und realen Problemen der Universitäten schaffen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 10.10.2012
Parteilinie und Abweichler
Wenn es Gabi Burgstaller und ihre Gegner bei den Sozialistischen Studenten nicht gäbe, wären Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, ÖVP, und die Rektoren in der öffentlich geführten Diskussion um das Uni-Budget und die damit verbundenen Reformen weitgehend alleine auf der großen Medienbühne der Hochschulpolitik.
Indes: Die Salzburger Landeshauptfrau ist mit ihrem unkonventionellen Studiengebührenmodell - 60 Prozent zahlen, 40 Prozent bekommen Stipendien - genauso weit von der realen Parteilinie entfernt wie die strikten Verweigerer vom VSSTÖ.
Tabu Zugangsbeschränkung
Denn die eigentliche Verhandlerin über neue Zugangsregelungen, die Wissenschaftssprecherin der Bundes-SPÖ Andrea Kuntzl, muss differenzierter denken und handeln und deshalb ist ihre Stimme leise, zumindest in der Öffentlichkeit. Kein Wunder, denn die
"Studienplatzbewirtschaftung", das heißt die Berechnung des Budgets nach der tatsächlichen Studierendenanzahl ist längst beschlossene Sache. Und es geht in den Verhandlungen zwischen Kuntzl und Töchterle eigentlich nur mehr darum, in welchen und wie vielen Massenstudien dadurch Zugangsbeschränkungen notwendig werden, und wie man am besten Studierende quer durch Österreich verschieben kann, wo halt gerade Studienplätze frei sind.
Das Wort Beschränkung will Andrea Kuntzl allerdings nicht aussprechen, wie sie heute in einem Interview für die Tageszeitung "Der Standard" klar macht, und das ist auch kein Wunder. Denn wie in einem Shinto-Schrein parteieigener Heiligtümer hütet die SPÖ das formale Bekenntnis zum sogenannten "freien Hochschulzugang", der im Idealfall jedem jedes Studium gratis ermöglicht.
Alte Lösungen neu verpackt
Dass das alles den Realitäten an den krisengebeutelten Massenunis schon jetzt widerspricht, weiß Chefverhandlerin Kuntzl und rettet sich in ideologische Formeln wie jene, dass nicht die Unis selbst ihre Kapazitäten definieren sollen, sondern sogenannte und nicht näher bezeichnete "gesellschaftspolitisch definierte Größen".
Am Ende der Verhandlungen werden, so oder so, Zugangsregelungen im Rahmen der Studienplatzbewirtschaftung stehen. Unter welchem Namen Kuntzl sie ihren Parteifreunden dann präsentiert, ist noch offen. Aber vielleicht kann sie sich da Rat bei der ÖVP holen, die dasselbe Problem hat, eine neue Bezeichnung für die kommende Gesamtschule zu finden, um sie ihrer Kernklientel zu verkaufen.