Studiengebühren: Höchstrichter haben "Bedenken"

Der Verfassungsgerichtshof hat Bedenken gegen die autonome Einhebung von Studiengebühren. Die konkrete Beschwerde betrifft die Universität Wien. Sie könnte damit gegen die Verfassung und das Universitätsgesetz verstoßen haben. Die Verfassungsrichter prüfen ihre Bedenken nun tiefergehend, im Frühjahr könnte eine endgültige Entscheidung vorliegen.

Mittagsjournal, 17.10.2012

Zweierlei Bedenken

Ein Student der Universität Wien hat sich im Sommer an den Verfassungsgerichtshof gewendet. Er führt Beschwerde, weil er Studiengebühren zahlen muss. Die Verfassungsrichter haben sich die Beschwerde angesehen und räumen nun ebenfalls Bedenken ein. In zweierlei Hinsicht, wie Präsident Gerhard Holzinger erklärt: "Entweder Verfassungswidrigkeit, weil das keine universitäre Aufgabe ist. Oder die Bestimmung ist gesetzwidrig, weil man davon ausgehen muss, dass nur der Universitätsgesetzgeber solche Beitragsregelungen schaffen kann."

Prüfungsergebnis bis Frühjahr 2013

Nun sind Bedenken der Verfassungsrichter noch kein Erkenntnis, also keine endgültige Entscheidung. Dafür müssen die Höchstrichter die Satzung der Universität genauer unter die Lupe nehmen. Bei diesem "Verordnungsprüfungsverfahren" werden die Universität Wien selbst, das Wissenschaftsministerium und der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt befragt, so Holzinger: "Wir werden uns bemühen so rasch wie möglich dieses Verfahren abzuschließen. Realistisch ist das erste Jahresviertel 2013."

Kippt die aktuelle Regelung?

Sollten die Verfassungsrichter bei dieser Prüfung zu dem Schluss kommen, dass dem Staat bei der "Finanzierung und dem Zugang zu Regelstudien" eine besondere Verantwortung zukommt, dann wären autonome Studiengebühren Geschichte. Holzinger: "Sollte es so sein, das die Studienbeiträge nur vom Gesetzgeber geregelt werden, dann gibt es, solange der Gesetzgeber das nicht tut, keine Studiengebühren." Zumindest an der Universität Wien, denn die Beschwerde läuft derzeit nur gegen diese größte Universität Österreichs. Das hindere aber keinen der anderen Rektoren zu handeln, erklärt Holzinger: Man könne sich schließlich "an den Fingern einer Hand abzählen", dass eine gleichartige Regelung für eine andere Universität dieselben Probleme mit sich bringen würde. "Also man muss nicht bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichts zuwarten, sondern könnte auch schon vorweg reagieren."

Sollte die Prüfung jedoch ergeben, dass Universitäten doch Studiengebühren einheben dürfen, hegen die Verfassungsrichter noch ein zweites Bedenken: "Dass der Verfassungsgerichtshof vorläufig der Auffassung ist, dass Studienbeitragsregelungen überhaupt nicht in die Autonomie der Universitäten fallen." Im Frühjahr 2011 hat der Verfassungsgerichtshof einige Bestimmungen über Studiengebühren aufgehoben - einige aber nicht alle, betont Präsident Holzinger.

Noch ein Wahlkampfthema?

Wie immer die Höchstrichter entscheiden, eine Lösung ist das noch immer nicht. Holzinger: "Dass die Frage der Studiengebühren in rechtlicher Hinsicht vermintes Terrain ist, das hat sich ja in der Vergangenheit schon gezeigt, und das zeigt sich natürlich auch jetzt wieder. Bis zur endgültigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes sollten die Universitäten insgesamt vorsichtig sein." Heißt im Klartext, das heiße Thema Studiengebühren könnte im Wahlkampf wieder aufflammen.