OGH: Beschlagnahmung bei Steuerberater legal

Für Anwälte und Wirtschaftstreuhänder gilt das Berufsgeheimnis. Damit sind Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen bei ihnen nur in speziellen Fällen erlaubt. Das Beispiel schlechthin sind die mutmaßlich illegalen Treuhandgeschäfte von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser in Liechtenstein, der Schweiz und in Österreich. Der oberste Gerichtshof hat nun aber eine Entscheidung getroffen, die solche Hausdurchsuchungen in Österreich erleichtert.

Mittagsjournal, 18.10.2012

Beschlagnahmungen teilweise rechtens

Es gibt kein generelles Verbot von Hausdurchsuchungen bei Steuerberatern, Wirtschaftstreuhändern, Anwälten und Notaren. Das ist der wichtigste Satz der Entscheidung, die ein Richtersenat am Obersten Gerichtshof (OGH) soeben bekannt gegeben hat. Mit dieser Entscheidung widerspricht der OGH einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien, das Beschlagnahmungen bei einem Wiener Steuerberater von Karl-Heinz Grasser vor einem Dreivierteljahr für rechtswidrig erklärt hatte.

Der Oberste Gerichtshof sagt nun sinngemäß: Für Steuerberater gilt zwar das Berufsgeheimnis, aber Rechnungen oder Buchhaltungsunterlagen Grassers dürften trotzdem beschlagnahmt und im Ermittlungsverfahren verwendet werden. Nicht aber etwa Notizen über Gespräche mit dem Klienten – die unterliegen dem Berufsgeheimnis und dürften nur beschlagnahmt werden, wenn ein konkreter, dringender Tatverdacht gegen den Steuerberater selbst besteht - dass er etwa bei Steuerhinterziehung geholfen hat.

Gilt für künftige Fälle

Die Staatsanwaltschaft hat heute noch ein anderes Beispiel parat, um die OGH-Entscheidung zu veranschaulichen: Wenn ein Mörder die Tatwaffe, eine Pistole, bei seinem Anwalt versteckt, dann darf sie dort natürlich beschlagnahmt werden – trotz Berufsgeheimnis.

Die heutige Entscheidung des OGH dürfte nun Auswirkungen auf künftige Ermittlungen in Korruptions- oder Steuerhinterziehungsfällen haben, nicht aber für den konkreten Fall und Grassers Steuerberater. Denn die ursprüngliche Entscheidung des Oberlandesgerichts ist bereits rechtskräftig - obwohl sie offenbar falsch war.