Monti-Abgang sorgt für Verunsicherung

Die Rückkehr Silvio Berlusconis in die Politik und der Abgang Mario Montis als Regierungschef haben Italien in ziemliche Bedrängnis gebracht. Politisch wie wirtschaftlich - denn in vielen Bereichen ist es, als würde die Uhr zurückgedreht. In Italien und in der Finanzwelt herrscht Verunsicherung.

Morgenjournal, 11.12.2012

Aus Rom berichtet

Monti versucht zu beruhigen

Stürmische Zeiten für die Märkte - die 36 Stunden seit der Ankündigung Montis, sich aus der Politik zurückzuziehen, hatten nicht gereicht, um die Märkte zu beruhigen. Die italienischen Staatsanleihen kamen stark unter Druck. Der sogenannte Spread - also die Renditedifferenz zwischen italienischen und deutschen Anleihen - schoss in die Höhe. Lag er vergangene Woche noch bei 290 Basispunkten, schnellte die Kurve gestern auf 365 Punkte, um sich dann bei 351 einzupendeln. Und Mailands Börse schloss als schlechteste Europas ab. Ministerpräsident Monti - der in Oslo an der Verleihung des Friedensnobelpreises teilnahm - versuchte zu beruhigen: "Die Regierung ist in allen Bereichen im Amt, und sie wird es so lange bleiben bis eine neue Regierung gewählt ist. Die Märkte müssen daher kein Entscheidungsvakuum fürchten."

Berlusconi umwirbt Lega Nord

Ob Montis beruhigende Worte greifen, bleibt abzuwarten, denn der Grund für die europaweite Skepsis - nämlich Silvio Berlusconi - ist bereits mitten im Wahlkampf. Berlusconi: "Wir waren der Meinung, dass es die Pflicht des Premierministers war, sich so zu entscheiden, wie er sich entschieden hat. Wir waren überzeugt, dass er in seiner Korrektheit diese Erklärung abgeben würde." Für Berlusconi ist Montis Rückzug also bereits Vergangenheit. Er schmiedet schon Pläne für künftige Allianzen und wärmt die stark erkältete Liebe zur Lega Nord wieder auf. Die inzwischen laut Meinungsfragen in der möglichen Wählergunst auf wenige Prozentpunkte zusammengeschrumpfte Partei lässt sich wiederum sektkorkenknallend umschwärmen.

Ruby-Prozesstag geplatzt

Doch nicht nur in der Politik, auch in Sachen Justiz greift Berlusconi in seine alte Trickkiste. Und so kam es bei der gestern angesetzten Verhandlung im sogenannten Ruby-Prozess zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Staatsanwältin Ilda Boccassini und Berlusconis Verteidiger. Der Grund für die Empörung der Staatsanwältin: Die von Berlusconi angeforderte Zeugin Ruby war spurlos verschwunden. Berlusconis Anwalt wusste von nichts. "Ich glaube nicht, was man uns hier im Gerichtssaal erläutert. Also interpretiere ich das so: Man will den Prozess zeitlich in die Länge ziehen, sodass er in den Wahlkampf hineingeht", ereiferte sich die Staatsanwältin ob der Verschleppungstechnik, allerdings ohne Erfolg. Der Prozess musste wegen der Abwesenheit der jungen Marokkanerin vertagt werden. Kein Szenario für ein Italien der Zukunft. Das dürfte auch die italienische Bischofskonferenz gedacht haben. Deren Vorsitzender meinte gestern in einem Zeitungsinterview: "Es ist unverantwortlich an sich zu denken, während das Haus rundherum brennt."