Rückschritte in Bereichen für Behinderte
Für Menschen mit Behinderungen haben die vergangenen Jahre mehr Rückschritte als Fortschritte gebracht. Das kritisiert Marianne Schulze, die wiedergewählte Vorsitzende des Monitoring-Ausschusses, der die Einhaltung der UNO-Behindertenkonvention in Österreich überprüft. Schulze sieht Rückschritte vor allem beim Pflegegeld, bei der Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden und sie kritisiert, dass die Zahl der Sonderschüler gestiegen ist. Aber: Der Monitoring-Ausschuss habe in Österreich ein Umdenken bewirkt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 1.2.2013
Ziel: Selbstbestimmung
Taten der Politik müssen erst folgen aber ein Umdenken haben wir erreicht, sagt die Behindertenrechtsexpertin Marianne Schulze. Der Umdenkprozess den sie meint ist einer weg vom "armes Hascherl-Image", den Menschen mit Behinderung in Österreich hatten und teils noch haben - hin zu möglichst viel Selbstbestimmung und gleichberechtigtem Leben in der Gesellschaft. Der Monitoring-Ausschuss zur Einhaltung der UNO-Behindertenrechtskonvention hat beigetragen zu diesem Umdenken, sagt Schulze - unter anderem durch zahlreiche öffentliche Sitzungen, wo auch Menschen mit Lernschwierigkeiten oder intellektuellen Beeinträchtigungen ihre Anliegen vorbringen konnten.
Vor wenigen Tagen ist Marianne Schulze wiedergewählt worden als Vorsitzende des vor vier Jahren gegründeten Monitoring-Ausschusses. In diesen vier Jahren sagt sie, hat sich de facto vieles verschlechtert.
Vieles im Argen
Thema 1: Kürzungen beim Pflegegeld: Überhaupt müsste das Pflegegeldsystem völlig geändert werden, um der Behindertenrechtskonvention zu entsprechen. Derzeit richtet sich die Pflegegeld-Höhe nach der medizinisch festgestellten Schwere der Behinderung. Der Konvention entsprechend, so Schulze, müsste sich der Pflegegeldsatz aber daran orientieren, wie viel Geld und Unterstützung ein Mensch mit Behinderung braucht, um möglichst selbstbestimmt leben zu können.
Thema 2: Sonderschulen sollten eigentlich abgeschafft werden, sagt Schulze, stattdessen gebe es 28.000 Sonderschüler. Und zum Teil würden Kinder nur wegen ihres Migrationshintergrundes die Sonderschule besuchen.
Thema 3: Barrierefreiheit. Der ursprüngliche Plan, dass bis Ende 2015 alle öffentlichen Gebäude rollstuhlgerecht und barrierefrei sein müssen, wird nicht eingehalten.
Positiv findet Schulze zahlreiche kleine Pilotprojekte. Dadurch bekommen etwa manche Menschen mit Behinderung sogenannte persönliche Assistenten, die sie unterstützen. Aber die großen Würfe fehlen noch - in den kommenden Jahren will die Monitoring-Ausschuss-Vorsitzende Druck machen, damit sich die Bundesregierung konkrete und verbindliche Ziele setzt - zur Umsetzung der Behindertenrechts-Konvention.