Budgetkompromiss: "EU weiter auf Krisenkurs"

Heftige Kritik am Brüsseler EU-Budget-Kompromiss übt Stephan Schulmeister, Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO). Damit setze man eine EU-Politik fort, die Europa insgesamt immer tiefer in die Krise geführt habe. Es sei ein "typischer Kompromiss, bei dem das wichtigste Positive ist, dass man sich überhaupt geeinigt hat."

Mittagsjournal, 9.2.2013

Stephan Schulmeister im Gespräch mit Wolfgang Wittmann

"Nichtstun" als politische Leitlinie

Die Vorstellung, man könne die Staatsverschuldung durch mehr Sparen reduzieren, erweise sich als "grundfalsch", so Schulmeister im Ö1-Interview. In den letzten fünf Jahren sei die Staatsschuld genau in jenen Ländern am stärksten gestiegen, die am meisten gespart hätten. In dem Kompromiss spiegle sich eine politische Linie wider, die Teil der Krise ist und nicht Teil der Überwindung der Krise. Sparen, also das ökonomische "Nichtstun", sei zur Leitlinie der Politik in Europa geworden.

Flexibilität und Mut

Außerdem hält es Schulmeister für problematisch, über "so viele Jahre" ein Budget zu beschließen. Die wirtschaftliche Lage in Europa sei extrem schwierig, da bräuchte die Politik mehr Flexibilität und "insbesondere den Mut, den bisherigen Kurs zu überdenken". Es wäre zu überlegen, die "Finanzalchemisten in die Schranken zu weisen", und Unternehmertum zu fördern. Denn der Staat könne seine Finanzlage nur verbessern, wenn die Unternehmer bereit seien, statt des Staates ein höheres Defizit zu machen, also mit Krediten mehr zu finanzieren. Hier brauche es einen Kurswechsel, verlangt Schulmeister.

Parlament für Kurswechsel

Die klarsten Signale in Richtung Kurswechsel seien in den letzten Jahren vom Europäischen Parlament gekommen, das ja auch jetzt wieder mit einem Veto gegen die Brüsseler Beschlüsse droht. Als Beispiel nennt der WIFO-Experte die Finanztransaktionssteuer. Der Nachteil: Das Parlament könne nicht von sich aus positiv tätig werden. Es wäre Aufgabe der Kommission bzw. des Rates, eine Kurswechsel vorzuschlagen.

Gutes Ergebnis für Österreich

Innerhalb dieses Rahmen stehe Österreich mit dem Brüsseler Ergebnis gut da, so Schulmeister. Österreich müsse nur etwas mehr zahlen, weil die heimische Wirtschaftsentwicklung deutlich besser sei als der Durchschnitt der EU. "Und das zählt doch viel mehr als die paar Millionen Euro, die wir jetzt weniger aus Brüssel zurückbekommen."