Stéphane Hessel 95-jährig gestorben

Der 95-Jährige Autor der Streitschrift "Empört euch!", Stéphane Hessel, ist in der vergangenen Nacht gestorben. Der einstige französische Widerstandskämpfer und KZ-Überlebende wurde 2010 mit dem Essay "Empört euch!" weltweit bekannt.

Mittagsjournal, 27.2.2013

Begründer von Protestbewegungen

Der 1917 in Berlin geborene Diplomat hatte in seiner Streitschrift die kapitalistische Finanzwirtschaft kritisiert und zum Protest aufgerufen. Hessels Streitschrift hatte mit zur Entstehung der "Empörten"- und "Occupy-"Bewegung der geführt, die wegen der Wirtschaftskrise in New York, London, Madrid und vielen weiteren Städten gegen den Finanzkapitalismus und die Sparpolitik Front macht.

Aufruf an die Jugendlichen

Mitte Oktober 2011 war Hessel in Wien und forderte die internationale Protestbewegung der "Empörten" in Wien dazu auf, auch politisch aktiv zu werden. Das Engagement der Jugendlichen müsse innerhalb der politischen Parteienlandschaft stattfinden. Er warnte vor der Gefahr, dass sich die Jugendlichen von Politik und Parteien abwenden. "Wir müssen die Jungen überzeugen, dass, wenn ihnen die Parteien nicht gefallen, sie sich eben in diesen engagieren und sie verändern müssen", so der ehemalige Resistance-Kämpfer. Nichtregierungsorganisationen wie das globalisierungskritische Netzwerk Attac seien zwar schön und gut, hätten aber keinerlei politischen Effekt, erklärte er weiter.

Reform der Menschlichkeit

Nach den zwei "Büchlein", wie Hessel selbst die mittlerweile in 23 Sprachen übersetzten Werke "Empört euch!" und "Engagiert Euch!" bezeichnet, legte der streitbare Senior 2011 auch ein drittes Buch vor. Unter dem Titel "Le chemin de l'esperance" (Der Weg zur Hoffnung) versuchte Hessel gemeinsam mit dem französischen Philosophen Edgar Morin "aus der Empörung herauszukommen und sich die Zukunft vorzustellen", wie Hessel erklärte.

Größte Gefahren und Grund zur Empörung waren für Hessel "der immer größer werdende Unterschied zwischen Arm und Reich und die Ausbeutung unseres Planeten". Im dritten und umfangreicheren Buch sollten laut dem früheren Diplomaten auch konkrete Lösungsmöglichkeiten dargelegt werden, wie eine Reform der Kultur, des Schulwesens, der Menschlichkeit und des Mitgefühls.

Klare Gefahren

Er werde von Jugendlichen immer wieder darauf angesprochen, dass die Gefahren früher, in der Zeit von Faschismus und Krieg, leichter zur verstehen gewesen seien, erklärte Hessel bei seinem damaligen Wien-Besuch. "Doch die Gefahren sind heute so klar, wir müssen nur ein bisschen kratzen, um herauszufinden, was uns stört", so der 1917 in Berlin geborene Überlebende des Konzentrationslager Buchenwald.

Wichtigste Grundwerte, die es zu verteidigen gelte, waren für den Mitautor der UNO-Menschenrechtskonvention die demokratischen Grundwerte, die Verfassung, die Grundwerte des Wohlfahrtsstaates sowie die Menschenrechte.