Kroatien: Vier Monate bis EU-Beitritt
Die Präsidenten Kroatiens und Sloweniens, Ivo Josipovic und Borut Pahor, kommen heute nach Salzburg. Dabei werden die beiden Politiker auch über den Beitritt Kroatiens zur EU sprechen, der am 1. Juli stattfinden soll.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 1.3.2013
Ivo Josipovic ist optimistisch, dass Slowenien den Beitrittsvertrag zur EU zeitgerecht ratifizieren wird. Das letzte offene Problem, kroatische Sparguthaben bei der Ljubljanska Banka und deren Kredite für kroatische Firmen, sei einer Lösung nahe. Außerdem seien beide Länder und die EU klar auf den Beitrittstermin 1. Juli fixiert. Weniger positiv bewertet Josipovic die Fähigkeit der kroatischen Verwaltung, Gelder aus Brüssel nutzen zu können, die nach dem Beitritt für Projekte zur Verfügung stehen werden. Ivo Josipovic:
"Der Präsident kann vor allem nur motivieren, und das tue ich, damit staatlichen Institutionen sowie Unternehmer verstehen, dass die EU-Fonds eine große Chance für Kroatien sind. Ich will nicht sagen, dass wir darauf ausreichend vorbereitet sind; wir haben noch vier Monate, ziehen Experten heran und nützen auch die Erfahrung von Ländern, die vor uns beigetreten sind. Mit einem Wort: wir sehen das Problem, arbeiten daran und ich hoffe, dass wir ausreichend in der Lage sein werden, diese EU-Mittel zu nutzen."
Krise auch in Kroatien
Zu den Besonderheiten des Beitritts zählt, dass die EU und Kroatien in der Krise sind. Das Land durchlebt das fünfte Jahr in Folge, in dem die Wirtschaft schrumpft, und Besserung ist nicht in Sicht. Die Gründe dafür analysiert Josipovic so:
"Wir haben die Krise zu spät erkannt, zu lange wurden Gegenmaßnahmen verzögert. Vor fünf Jahren wäre eine Lösung leichter gewesen, doch die Probleme sind immer größer geworden. Zweitens sind wir in eine Schere geraten. So erwartet man wirtschaftliche Maßnahmen, doch Entscheidungen sind nicht leicht, weil die sozialen Kosten so hoch sind. So suchen wir nach einem Ausweg, ohne das Heer der Armen noch weiter zu erhöhen, durch Kündigungen oder durch Kürzungen von Löhnen, die oft ein Minimum erreicht haben."
22 Prozent der 4,4 Millionen Kroaten sind arbeitslos, der monatliche Netto-Lohn liegt bei durchschnittlich etwa 750 Euro. Doch die Statistik trügt, und das weiß Ivo Josipovic. Der Präsident bekommt täglich bis zu 150 Emails von Bürgern, ist auf Facebook aktiv und jeden Samstag gibt es einen Kaffee beim Präsidenten, zu dem Bürger geladen werden. Zur sozialen Lage sagt Josipovic:
„Leider gibt es sehr viele Menschen mit schrecklichen Problemen. Arbeitslose, Menschen die kein Geld haben, um die Schule für ihre Kinder zu bezahlen. Viele haben auch eine Arbeit, die nicht besonders gut bezahlt wird, stecken aber wegen Kreditschulden oder nicht bezahlter laufender Rechnungen in ernsten Problemen. Die Krise ist Ausdruck unserer Schwäche, teilweise aber auch Resultat der allgemeinen Krise in Europa. Das sind Zeiten, wo der Staat seine soziale Rolle besonders zeigen muss."
Josipovic versucht im Rahmen seiner Möglichkeiten mit Rat und Tat zu helfen, indem er sich etwa an Behörden wendet, von denen sich Bürger vernachlässigt fühlen. Wichtig ist aber einfach auch die Rolle des Präsidenten als Klagemauer, ist doch Kroatien ein Land, in dem Bürgernähme von Politik und Verwaltung weiterhin eher klein geschrieben wird.