"Materialschlacht" um Causa Alijew

Der kasachische Familienkrieg zwischen Präsident Nursultan Nasarbajew und seinem Ex-Schwiegersohn und ehemaligen Botschafter in Wien, Rakhat Aliyev, treibt immer neue Blüten. Erst kürzlich hat sich der ehemalige deutsche Innenminister Otto Schily auf die Seite Kasachstans gestellt, Aliyev holt mit einem neuen Buch zum Gegenschlag ausgeholt. Mittendrin: Die Staatsanwaltschaft Wien.

Mittagsjournal, 16.3.2013

Rolle der Geheimdienste unklar

Seit Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien in der Causa. Es geht um Mord, Entführung und Geldwäsche, die Kasachstan Rakhat Aliyev dem in Ungnade gefallenen Ex-Schwiegersohn des Präsidenten vorwirft. Eine Staatsanwältin ist nur für diesen einen Fall freigestellt worden – eine bis jetzt einzigartige Maßnahme bei der Staatsanwaltschaft Wien.

Per Videokonferenzen wurden bisher 30 Zeugen in Kasachstan befragt, stets im Beisein von österreichischem Botschaftspersonal, Dolmetscher auf beiden Seiten. Trotzdem ist es für die Staatsanwaltschaft schwierig festzustellen, ob Regierung oder Geheimdienste nicht doch Druck auf Zeugen ausüben. 40 weitere Zeugenbefragungen sollen noch folgen. Ein Ende der Ermittlungen ist vorerst nicht abzusehen.

Prominente Unterstützung für Nasarbajew

Seit Jahren gibt es in der Causa massiven Druck von allen Seiten, vor allem aber aus Kasachstan. Öl, Gold, Uran - der kasachische Präsident verfügt über gewaltige Rohstoffvorräte und über ungewöhnliche Fürsprecher, schreibt das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" diese Woche.

Dabei handelt es sich um eine ganze Reihe ehemaliger sozialdemokratischer Regierungschefs quer durch Europa: Von Gerhard Schröder, über Tony Blair, Romano Prodi bis hin zu Alfred Gusenbauer. Sie alle beraten den Kasachischen Präsidenten gegen üppige Honorare.

Folter in Kasachstan

Menschenrechtsorganisationen sehen den kasachischen Alleinherrscher nach wie vor als Despoten, schreibt "Der Spiegel". Laut Amnesty International wird in Kasachstan immer noch gefoltert. Trotzdem darf sich der kasachische Präsident bei Wien-Besuchen über gemeinsame Auftritte mit Bundespräsident Heinz Fischer freuen. Und auch in Deutschland wird Nasarbajew hofiert. Dank wirtschaftlicher Interessen.

Zuletzt warf sich in Wien, der deutsche Ex-Innenminister Otto Schily ins Zeug und forderte, dass Österreich doch endlich einen europäischen Haftbefehl gegen Aliyev, ausstellen müsse. Ein neuer Höhepunkt in einem kasachischen Familienkonflikt, der seit Jahren in Österreich ausgetragen wird.

Neues Buch sorgt für Zündstoff

In der österreichischen Justiz sieht man aber bisher noch keinen dringenden Tatverdacht gegen Aliyev, der einen europäischen Haftbefehl rechtfertigen würde. Also wird weiter ermittelt. Demnächst sollen umfassende Zeit/Weg-Diagramme bei den Mordermittlungen erstellt werden.

Aliyev selbst lebt mittlerweile in Malta und bestreitet alle Vorwürfe. Der ehemalige kasachische Geheimdienstchef und Ex-Botschafter in Österreich sieht sich von seinem Ex-Schwiegervater unrechtmäßig verfolgt. Dieser Tage hat Aliyev zum Gegenschlag ausgeholt und unter dem Titel "Tatort Österreich - Im Fadenkreuz des kasachischen Geheimdienstes" neuerlich ein Buch veröffentlicht, um sich zu verteidigen.

"Es ist eine Materialschlacht"

"Es ist eine Materialschlacht, bei der beide Seiten jede Menge Geld haben", sagt ein Justizinsider. Zuletzt hat Kasachstan auch noch Geldwäschevorwürfe gegen den unliebsamen Ex-Schwiegersohn erhoben.

Diese könnten allerdings zum Bumerang für Kasachstan werden, heißt es in Ermittlerkreisen. Denn Aliyevs Ex-Frau, die Tochter des kasachischen Präsidenten, war bei vielen der dabei inkriminierten Firmen zeichnungsberechtigt.