Zwangsabgabe EU-rechtlich in Ordnung

Auf den Finanzmärkten haben die Vorgänge in und um Zypern am Vormittag für große Verunsicherung gesorgt. Der Euro fiel zeitweise auf ein Dreieinhalbmonatstief, auch viele Börsen waren am Vormittag im Minus. Doch dass erstmals seit Beginn der Euro-Krise die Sparer gezwungen werden, sich an einem Hilfspaket zu beteiligen, dürfte rein rechtlich in Ordnung gewesen sein.

Mittagsjournal, 18.3.2013

Wichtige Gründe

Was Zypern jetzt mit seinen Sparern vorhat, das muss vereinfacht gesagt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg halten. Für den Europa-Rechtler Walter Obwexer geht es dabei um zwei wesentliche Fragen: Erstens dürfen die Eigentumsrechte der Sparer im Kern nicht verletzt werden: Denn die europäische Menschenrechtskonvention schütze das Grundrecht auf Eigentum, allerdings nicht uneingeschränkt, so Obwexer. "Sondern das Eigentumsrecht darf aus wichtigen Gründen im Gemeinwohl auf einer gesetzlichen Grundlage eingeschränkt werden, wenn die Einschränkung verhältnismäßig ist und die Einschränkung nicht den Wesenserhalt, sprich den Kern dieses Grundrechts trifft."

Das heißt, wenn die Abgabe nur einen kleinen Teil des Ersparten ausmacht, ist dieser Schritt erlaubt - vorausgesetzt es gibt wichtige Gründe dafür, wie zum Beispiel, die Banken, und damit den zypriotischen Staat vor der Pleite zu bewahren. Für den Europa-Rechtler sind diese wichtigen Gründe gegeben.

Die zweite Frage ist schwerer zu beantworten, nämlich ob die Zwangsabgabe verhältnismäßig ist. Auch darüber entscheiden im Zweifel die Richter in Straßburg. Obwexer geht aber in Kenntnis der bisherigen Judikatur zum Eigentumsschutz davon aus, dass sie im Sinne der Verhältnismäßigkeit entscheiden werden.

Sonderfall Zypern

Trotzdem werden sich wohl viele zypriotische Sparer die Frage stellen, warum sie zum Handkuss kommen, aber zum Beispiel nicht die Sparer in Griechenland. Da gibt es aber einen wesentlichen Unterschied: in Griechenland hat man die privaten Gläubiger, wie Banken und Versicherungen am Hilfspaket beteiligt - über einen Schuldenschnitt. Das war in Zypern nicht so leicht möglich, weil dort das Bankensystem anders funktioniert und ein Schuldenschnitt nur geringe Summen erbracht hätte, sagt Obwexer.

Stellt sich die Frage, ob so eine Zwangsbeteiligung der Sparer auch in Österreich denkbar wäre. Walter Obwexer verneint: Keine Gefahr - sowohl der Staat als auch die Banken stünden in Österreich viel besser da. In anderen Ländern der Eurozone, wie in Spanien oder Italien, dürfte die Verunsicherung aber groß sein.