Zypern: Russische Interessen in Gefahr

Genaue Zahlen gibt es keine, laut Schätzungen dürfte mehr als ein Drittel der Spareinlagen bei den zypriotischen Banken aus Russland stammen. Die großen russischen Banken haben Milliardenkredite an die Geldinstitute der Insel vergeben. Die Zypern-Krise bringt für Wladimir Putin aber auch innenpolitische Vorteile.

Mittagsjournal, 18.3.2013

Banken bangen um Kredite

Die geplante Sondersteuer auf Zypern sei ungerecht, unprofessionell und gefährlich, das ließ Präsident Wladimir Putin in der Früh über seinen Sprecher ausrichten. Tatsächlich haben russische Investoren in Zypern viel zu verlieren: 19 Milliarden Dollar haben russische Staatsbürger laut zypriotischer Nationalbank dort angelegt, fast ein Drittel der gesamten Spareinlagen des Landes. Experten schätzen, dass die tatsächliche Summe noch deutlich höher ist, da auch Spareinlagen, die offiziell Zyprioten gehören, über Strohmänner und Briefkastenfirmen tatsächlich Russen zuzurechnen sind. Russische Banken haben in Zypern offene Kredite in der Höhe von mehr als 40 Milliarden US-Dollar. Laut Financial Times entsprechen die Zypern-Geschäfte etwa 15 bis 20 Prozent des Eigenkapitals der russischen Banken - der Hilfskredit, in der Höhe von 2, 5 Milliarden Dollar, den die russische Regierung vor zwei Jahren an Zypern vergeben hat, ist daher vor allem als Absicherung des eigenen und nicht des zypriotischen Bankensektors zu verstehen. Ein ungeordneter Staatsbankrott Zyperns hätte auf den russischen Finanzsektor dramatische Auswirkungen.

Verluste durch Sondersteuer

Kurz gesagt: Es geht um sehr viel Geld, erklärt Nikolai Petrov von der renommierten Hochschule für Wirtschaft in Moskau: "Für die russischen Anleger sind die Maßnahmen der EU sehr schmerzhaft und viele von ihnen haben großen Einfluss auf die russische Regierung." Insgesamt dürften die Verluste der russischen Anleger in Zypern durch die geplante Sondersteuer irgendwo zwischen zwei und 3,5 Milliarden US-Dollar liegen, schreiben die russischen Medien. Ein Sprecher des Bankenverbandes meinte bereits, das Vertrauen der russischen Sparer in Zypern werde dadurch zunichte gemacht.

Gelegenheit für Putin

So negativ die Zypern-Krise für die Anleger ist, so positiv ist sie für die Regierung. Ein nicht geringer Teil der russischen Gelder in Zypern ist nämlich fragwürdiger Herkunft: Schwarzgeld, Bestechungsgelder, Geld, das aus dem Staatsbudget abgezweigt worden ist. Daher besteht Moskau auch darauf, genaue Informationen über die russischen Gelder auf Zypern zu bekommen - als Voraussetzung für die Verlängerung des bestehenden Kredites. "Die Bedingungen, Geld in Zypern anzulegen, werden schlechter und weniger vorteilhaft, und das passt sehr gut zum Plan Putins, die Offshore-Gelder nach Russland zurückzubringen", sagt Nikolai Petrov.

Zypern ist in den letzten Jahren zu einer der beliebtesten Drehscheiben für russisches Geld geworden - die kleine Insel ist einer der größten Auslandsinvestoren in Russland - Geld, das in Wirklichkeit Russen zuzuordnen ist, als ausländisches Investment aber besser vor dem Zugriff der russischen Behörden und dem Willkür der russischen Justiz geschützt ist. Die Zypern-Krise ist für den Kreml also nicht nur eine Möglichkeit, seinen Einfluss in Europa zu vergrößern, sondern auch dafür, den eigenen Finanzsektor unter schärfere Kontrolle der Führung zu bringen.