Italien: Napolitano soll es richten

Ein 87-jähriger Mann ist die letzte Hoffnung, die verfahrene politische Situation in Italien zu retten. Staatspräsident Giorgio Napolitano startet einen letzten Versuch, das Land aus der politischen Blockade zu führen. Im Lauf des Tages hat er alle Parteiführer einzeln zu sich bestellt, um mit seiner Autorität und Erfahrung das offenbar Unmögliche doch noch möglich zu machen, nämlich dass zwei Parteien zusammenfinden und eine Regierung bilden.

Giorgio Napolitano

(c) CARCONI, EPA

Abendjournal, 29.3.2013

Aus Rom berichtet ORF-Korrespondentin

Berlusconi will große Koalition

Gespanntes Warten: Wie wird der alte Herr im Quirinal-Palast den Knoten lösen? Als ersten hat Staatspräsident Giorgio Napolitano am Vormittag Silvio Berlusconi empfangen. Der breitet hinterher seine Arme weit aus und bekräftigt sein Angebot an die Linke Pier Luigi Bersanis, gemeinsam zu regieren: "Wir waren und sind für eine Koalitionsregierung zu haben. Mit Bersani an der Spitze oder einem anderen Kandidaten seiner Partei."

Bersani aber will Berlusconi auf keinen Fall Regierungsmacht geben. Für den Führer der Linken käme das einer tödlichen Umarmung gleich. Seine Wähler und Teile seiner Partei würden ihm das nie verzeihen.

Wahlrechtsreform dringend nötig

Eine neue Hoffnung ist jetzt, dass es Napolitano gelingt, doch noch die Verweigerungshaltung der dritten Kraft im Parlament aufzuweichen, die der Mandatare Beppe Grillos. Das könnte er mit dem Angebot einer Übergangsregierung aus Persönlichkeiten, die nicht zu der von Grillo verachteten politischen Nomenklatura gehören, schaffen.

Staatspräsident Napolitano versucht alles, um eine Rückkehr an die Urnen zu vermeiden, ohne dass zuvor dringend notwendige Reformen verabschiedet sind, allen voran eine Wahlrechtsreform. Sollte alles scheitern und Italien schon bald mit dem bestehenden Wahlgesetz erneut wählen müssen, ist – abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden – das Risiko groß, dass das selbe Ergebnis noch einmal herauskommt: ein Parlament mit keiner klaren Mehrheit und den drei bekannten politischen Kräften, die nicht miteinander können.