Migration in Schulbüchern - ein Problem

Das Thema Migration kommt in heimischen Schulbüchern zwar vor, wird aber fast ausschließlich als Problem dargestellt. Zu diesem Schluss kommt ein Projektteam des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Europäische Geschichte und Öffentlichkeit, das zwei Jahre lang österreichische Lehrbücher durchforstet hat. Der Ruf nach differenzierter Behandlung von Migrantinnen und Migranten wird laut.

Mittagsjournal, 10.4.2013

Probleme und Nützlichkeit

50 Lehrbücher für Geschichte und Geographie der sechsten bis zwölften Schulstufe aller Schultypen haben die Forscherinnen des Sparkling-Science-Projekts "Migration(en) im Schulbuch" durchgesehen. Ihr Fazit: Positive Zugänge kommen kaum vor, sagt die Sozial- und Kulturanthropologin Christa Markom: Migration werde immer im Kontext von Problemen dargestellt. Im besten Fall werde ein "Nützlichkeitsdiskurs" geführt. Immerhin propagierten die Schulbücher nicht, dass Migranten Sozialschmarotzer seien. "Aber auch der Nützlichkeitsdiskurs birgt Probleme, nämlich dass sie nur einen Nutzen bringen, und nicht von Grund auf die Menschen, die dahinter stehen, präsentiert werden." Dabei gebe es Bücher, die die Menschen für sich selbst sprechen lassen, und das tue den Schülern und Schülerinnen gut.

Unfreiwillige Stigmatisierung

Da und dort tragen gut gemeinte Initiativen sogar zur Stigmatisierung von Schülern mit Migrationshintergrund bei, sagt Markom. Als Beispiel nennt sie die Aufforderung, Schüler mögen ihre Kollegen mit Migrationshintergrund fragen, was sie zum Thema Rassismus sagen. "Da muss man natürlich aufpassen, dass man die Leute nicht markiert und sagt, du bist ja Türke, wie ist denn das für dich? Das ist wirklich ganz problematisch im Unterricht." Das befördere dann eine Zweiklassengesellschaft in der Schülerschaft und befördere Ausschlusstendenzen in den Schulklassen, sagt die Geographin, Migrationsforscherin und Projektleiterin Christiane Hintermann.

Einseitiges Afrikabild

Parallelgesellschaft, Terrorismus, bestenfalls "Herausforderung" - das sind durchaus gängige Attribute für Migration in Schulbüchern. Freiwillige oder kulturell und sozial bereichernde Migration komme kaum vor, bemängeln die Studienautorinnen. Besonders einseitig sei die Darstellung Afrikas, sagt Christa Markom. "Konferenzen in Afrika oder Intellektuelle aus Afrika -so etwas findet man in den Schulbüchern nicht. Es gibt immer nur HIV, Kriege, Terrorismus und so weiter."

Der Wunsch von Studienautorin Christiane Hintermann an die Schulbuchautoren: "Viel perspektivischer und reflektierter und mehr Hintergründe." Denn gut gemeint ist auch hier nicht automatisch gut.

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