Experte: Schafft Griechenland den Umbau?
Um an die nächste Tranche der Hilfsgelder in der Höhe von 8,8 Mrd. Euro aus Brüssel zu kommen, hat die griechische Regierung gestern Abend ein weiteres Sparpaket auf den Weg gebracht. Eine wichtige Reform, sagt der griechische Experte Christos Katsioulis. Er vermisst aber nach wie vor Maßnahmen zur Wirtschaftsbelebung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.4.2013
Fortgesetzter Systembruch
Es sei eine wichtige Reform, die das Parlament in Athen gestern Abend beschlossen habe, sagt der Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Athen, Christos Katsioulis. Damit könne nun der Staatsapparat tiefgreifend umgebaut werden. Jahrzehntelang hatten griechische Politiker ihre Klientel bedient, indem sie Staatsposten verteilten. Nun gibt es Entlassungen. Aber der Systembruch sei schon vorher eingetreten - mit dem Stopp von Neueinstellungen, sagt Katsioulis.
Perspektiven fehlen
Die griechische Regierung hat das jüngste Sparpaket als großen Erfolg gefeiert. Die Opposition spricht vom Ausverkauf des Landes, Griechenland werde zu einer verarmten Kolonie degradiert. Beide Seiten würden da aber ziemlich übertreiben, meint Christos Katsioulis, seiner Ansicht nach wäre die Mitte zutreffend. Es gebe erste positive Zeichen bezüglich Exporten und Neueinstellungen bei Privaten. Manche Reformen scheinen langsam zu greifen. Allerdings stehe Griechenland vor großen gesellschaftlichen Problemen, ein großer Teil der Mittelschicht so von Verarmung bedroht, so Katsioulis. 27 Prozent der Griechen sind arbeitslos und ohne jegliche Perspektive, dass sich der Zustand in absehbarer Zeit ändern könnte.
Proteste erlahmen
Der Zulauf zu radikalen Gruppierungen, links wie rechts, ist groß. Gewaltbereitschaft sehe er aber trotz der zahlreichen Demonstrationen noch nicht, sagt der Experte. Demonstranten kämen vor allem vom Öffentlichen Dienst, die von Entlassung bedroht seien. Die Angestellten im Privatsektor, denen es seit Jahren schlecht geht, demonstrieren nicht. Auch deswegen, weil sich gerade der Privatsektor dagegen wehrt, dass der öffentliche Sektor weiter "gepäppelt" wird. So dürfte zu verstehen sein, warum zu den gestrigen Demonstrationen gegen das neue Sparpaket nur knapp 3.000 Menschen gekommen sind.
Zu wenig Konjunkturbelebung
Ist Griechenland mit seinen Reform-und Sparschritten der letzten Jahre letztlich auf dem richtigen Weg? Katsoulis glaubt, dass die Ausgabenkürzungen übertrieben wurden, das sehe man nun am Gesundheitssektor. Gleichzeitig wurde aber nichts gemacht, um die Wirtschaft anzukurbeln und Investoren ins Land zu bekommen. Hier vermisse er eindeutig europäisches Engagement und Werbung für Investitionen in Griechenland, so Christos Katsioulis. Die einzigen, die derzeit in Griechenland nämlich investieren, sind die Chinesen.