Italien hofft auf Wachstumsimpulse

Mit einem drastischen Sparprogramm hat die Regierung Monti die Zahlen des italienischen Haushalts in Ordnung gebracht - und gleichzeitig aber die Konjunktur abgewürgt und große soziale Probleme erzeugt. Die neue italienische Regierung von Enrico Letta erwartet sich vom heutigen EU-Gipfel Unterstützung bei der Ankurbelung ihrer Wirtschaft.

Mittagsjournal, 22.5.2013

Vorgaben erfüllt

Die Regierung Monti hat alles getan, um Italiens Finanzen zu sanieren. Das Pensionsalter wurde drastisch hinaufgesetzt, Abgaben erhöht, der Kündigungsschutz wurde gelockert, und mit der Besteuerung der Wohnungen de facto eine Vermögenssteuer eingeführt. Das hat das Staatsdefizit unter drei Prozent gedrückt - Italien ist damit eines der wenigen Euroländer, das dieses EU-Kriterium erfüllt. Dafür erwartet sich Rom jetzt von der EU-Kommission die Einstellung des Defizitverfahrens, das gegen Italien läuft. Dann, hofft die italienische Regierung, hätte das Land sein Ansehen und sein Gewicht in der Union zurückgewonnen, das ihm als Gründungsmitglied und drittstärkste Wirtschafsmacht im Euro zusteht.

Der Preis war allerdings hoch: Italiens Wirtschaft ist in eine tiefe Rezession geschlittert. "Man muss bedenken, dass die Sparpolitik allein nichts nützt", sagt Roberto Sommella, Analyst von Milano Finanza, dem größten italienischen Internetportal für Investoren. "Es ist, als hätte man einen super polierten Sportwagen, aber kein Geld für das Benzin, um damit auch zu fahren."

Demokratiepolitische Zeitbombe

Die Regierung Letta hat sich zum Ziel gesetzt, für diesen Treibstoff zu sorgen und die Konjunktur wieder anzukurbeln. Italien hat ein dramatisches Problem - vor allem mit der Jugendarbeitslosigkeit. Im industriellen Ballungsgebiet im Norden ist jeder vierte Jugendliche ohne Job, im Süden sind es sogar fünfzig Prozent. Eine ganze Generation ohne Zukunftschancen ist eine demokratiepolitische Zeitbombe. "Die Regierung Letta muss dringend Wachstum erzeugen", sagt der Mailänder Finanzexperte. "Im Vergleich zu Monti hat Letta einen Vorteil: Die Jugendarbeitslosigkeit betrifft inzwischen alle europäischen Staaten, auch die stärksten."

Deshalb erwartet sich die italienische Regierung von Brüssel eine Lockerung der Austeritätspolitik: "Und zwar dort, wo für Jugendarbeit investiert wird, wo Arbeitsplätze für Junge weniger besteuert werden, oder wenn die Lehrlingsausbildung eingeführt wird, die es in Italien bisher noch nicht gibt - diese Kosten sollten von der Defizitberechnung ausgenommen werden."

Schuldenlast und Zugeständnisse

Aber auch wenn die Euro-Partner von der rigiden Sparpolitik abrücken sollten - für die Regierung in Rom bleibt der Spielraum begrenzt: Italiens Schuldenberg beträgt mehr als 2.000 Milliarden Euro und dementsprechend schwer lastet der Schuldendienst auf dem Staatsbudget. Zwei kostspielige Maßnahmen hat die Regierung Letta bereits beschlossen. Die Wohnungssteuer wurde ausgesetzt - ein Wahlversprechen von Koalitionspartner Berlusconi. Kosten: zwei Milliarden Euro. Dafür haben die Sozialdemokraten Sozialmaßnahmen für Arbeitslose durchgesetzt - für eine Milliarde Euro. Geld, das wiederum woanders eingespart werden muss.