Defizitabbau: EU mit Italien zufrieden

Europas drittgrößte Wirtschaftsmacht Italien kämpft mit einer schweren Rezession und hohen Staatsschulden. Von der EU kommt jetzt erstmals eine gute Nachricht: Die EU-Kommission erkennt an, dass Italien seine Hausaufgaben gemacht und sein Budget erfolgreich saniert hat. Daher soll in den kommenden Tagen das Verfahren eingestellt werden, das wegen überhöhten Defizits gegen Italien läuft.

Mittagsjournal, 27.5.2013

Aus Rom,

Defizit unter 3 Prozent

Italien sitzt EU-technisch gesehen seit 2009 auf der Strafbank. Rom war angehalten, sein überbordendes jährliches Budgetdefizit unter drei Prozent zu drücken. Zunächst geschah aber wenig. Unter der Regierung von Silvio Berlusconi geriet das Land im November 2011 dramatisch an den Rand eines Staatsbankrotts und drohte den Euro mitzureißen.

Das Expertenkabinett von Mario Monti löste Berlusconi ab und sanierte mit einer Radikalkur die Finanzen. Mit einem guten und einem schlechten Resultat: Das schlechte: die Konjunktur blockierte. Die seit Jahren stockende Wirtschaft geriet noch tiefer in die Rezession.

Das Gute: die Zahlen stimmen! Das staatliche Defizit liegt bei 2,9 Prozent. Italien erfüllt damit als eines der wenigen Euroländer dieses Stabilitäts-Kriterium.

Brüssel wird das jetzt belohnen. Das hat EU-Kommissionspräsident Barroso Premierminister Letta gestern versichert. Das gegen Italien laufende Strafverfahren soll noch vor Monatsende offiziell eingestellt werden.

Wenig Anlass zum Jubeln

Für Italien ist das in mehrfacher Hinsicht sehr wichtig, sagt Roberto Sommella, Analyst von Milano Finanza, Italiens größtem Internetportal für Investoren: Das Land erhält sein Gewicht und seine gleichberechtigte Mitsprache in der EU zurück. Mit einem Schuldenberg von 2000 Milliarden Euro und den vielen Problemen zum Trotz ist es der siebt-größte Wirtschaft der Welt unter riesigen (vor allem steuerlichen) Anstrengungen gelungen, Resultate zu erreichen, die noch vor eineinhalb Jahren unerreichbar schienen.

Sobald die EU Italien offiziell aus dem Verfahren entlässt, prophezeit der Finanzexperte, werden sofort auch die Zinsen auf die hohen Staatschulden sinken, ein Segen für die klammen Staatskassen.

Mit dem Verfahrensende werden für Italien zudem gebundene Ressourcen frei: acht bis zehn Milliarden, die die Regierung für Investitionen zur Ankurbelung der schrumpfenden Wirtschaft und zur Schaffung von Arbeitsplätzen benutzen darf.

Aber zum Jubeln hat Italien wenig Anlass. Die Regierung Letta darf die errungene Haushaltsdisziplin nicht gefährden. Noch stehen in Brüssel die Zeichen auf Austeritätspolitik. Premier Letta sieht sich einer Jugendarbeitslosigkeit von bald 40 Prozent gegenüber. Dazu wartet eine lange Liste an wirtschaftlichen und politischen Reformen, die seit Jahren anstehen, und die auch Mario Monti nicht erledigt hat. Für die aus der Not geborene zerstrittene Zwangskoalition, die Enrico Letta führt, eine Herkulesaufgabe.