NSA-Abhörskandal: "Kein chinesischer Spion"

In einem Online-Interview der britischen Zeitung "Guardian" wehrt sich der in Hongkong untergetauchte Aufdecker des US-Abhörskandals, Edward Snowden, gegen den Vorwurf, ein Verräter zu sein und für ein anderes Land spioniert zu haben. Außerdem kündigt er weitere Enthüllungen über die Spähprogramme der US-Geheimdienste an.

Morgenjournal, 18.6.2013

Aus den USA berichtet ORF-Korrespondent

Befürchtet in den USA ein unfaires Verfahren

Rund 90 Minuten lang beantwortete Edward Snowden auf der Internetseite des "Guardians" Fragen von Lesern und Journalisten. Vor allem wies er dabei den Vorwurf zurück, dass er ein chinesischer Spion sei. Er sei nach Hongkong geflohen, weil er befürchtet habe, kein faires Verfahren in seiner Heimat zu bekommen, aber er habe niemals Kontakt zur chinesischen Regierung gehabt.

Wäre er tatsächlich ein chinesischer Agent, hätte er sich doch gleich nach Peking abgesetzt, schreibt Snowden. Als Grund für seinen Geheimnisverrat gab Snowden die Untätigkeit von US-Präsident Barack Obama und seiner Regierung an, an den Methoden der Geheimdienste etwas zu ändern.

Wirft Geheimdienstchef Lügen vor

Es gebe eine endlose Aufzählung von Lügen, wenn führende Geheimdienstmitarbeiter vor dem Kongress und damit vor der amerikanischen Öffentlichkeit aussagten und der Kongress unterstütze diese Lügen auch noch. Snowden bezieht sich in dieser Aussage auf den Direktor des nationalen Geheimdienstes, James Clapper, der noch im März dieses Jahres vor dem Kongress die Existenz von solchen Spionageprogrammen bestritten hatte.

Wenn so jemand wie Clapper schlicht und einfach die Öffentlichkeit anlügen könne, ohne dass das für ihn irgendwelche Konsequenzen habe, dann sei das das Zeichen einer verdorbenen Demokratie, so Snowden. Auch von manchen Medien sei er enttäuscht, schreibt er.

Auch Kritik an Medien

Anstatt sich auf das größte Spionage-Programm in der Geschichte der Menschheit zu konzentrieren, bei dem unverdächtige Bürger ausspioniert wurden, schrieben die Medien lieber darüber, was er als 17-Jähriger gesagt habe oder wie seine Freundin aussehe.

Der Vater des Enthüllers rief seinen Sohn unterdessen auf, keine weiteren Informationen mehr preiszugeben und in die USA zurückzukehren.