Jüdischer Friedhof verfällt weiter

Trotz der Verpflichtung Österreichs zur Instandhaltung der jüdischen Friedhöfe ist es um deren Zustand teilweise schlecht bestellt. Der große und kulturhistorisch besonders wertvolle Jüdische Friedhof Währing in Wien verfällt allerdings. Ein Lokalaugenschein.

  • Jüdischer Friedhof

    (c) Daser, ORF

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Mittagsjournal, 20.6.2013

Die Instandhaltung und Pflege der jüdischen Friedhöfe in Österreich ist immer noch nicht gesichert. Zwar ist Österreich nach dem Washingtoner Abkommen dazu verpflichtet - schließlich gibt es wegen der Vertreibung und Ermordung eines großen Teils der jüdischen Bevölkerung durch die Nazis keine Nachkommen mehr, die sich um die Pflege kümmern können. Mehr als 60 jüdische Friedhöfe gibt es noch. Der große und kulturhistorisch besonders wertvolle Jüdische Friedhof Währing in Wien verfällt allerdings, zeigt der Lokalaugenschein.

Brombeer und Efeu, Lindenschössling und Götterbaum spriessen - zwischen Trümmern aus Granit, die einmal Grab der Vorfahren von Hugo von Hoffmansthal waren. Daneben die Ruhestätte der Wissenschafterfamilie Auspitz - hier hebt Hollunder einen Obelisken aus dem Gleichgewicht, kippen kann er jeden Moment. Rundherum kleine Mausoleen aus Sandstein, nach orientalischer Art verziert, Grabhäuschen im antiken Stil, Säulen, Skulpturen - vieles absichtlich umgestoßen und gebrochen, fast alles überwuchert, verwittert, beschädigt. Was Nazis nicht zerstört haben, bedroht nun die Natur, Pflanzen, Regen und Frost zerlegen den Friedhof. Die Historikerin Tina Walzer bemüht sich seit Jahren, die kulturhistorisch wertvollen Grabdenkmäler zu schützen.

Der Jüdische Friedhof Währing war seit dem 18.Jahrhundert Hauptbegräbnisstätte der Wiener Juden. Hier sind Grüfte bekannter Familien aus der Ringstraßenzeit: Todesco, Epstein, Arnstein-Eskeles oder Ephrussi. Daneben hunderte einfache Grabsteine, mit Inschriften auf Deutsch und Hebräisch, mit Familienwappen, mit kunstvollen Ornamenten - schlechter sichtbar von Jahr zu Jahr.

Manchmal helfen hier Freiwillige, bringen Gartenwerkezug mit und entfernen Gestrüpp von ein paar Gräbern. Es gibt keine Wege zwischen den steinernen Reihen, dafür dichte Stauden, zerbrochene Grabplatten, offene Grüfte und Sarkophage - ohne kundige Begleitung darf hier niemand herein, schon aus Sicherheitsgründen.

Einzig das Friedhofswärterhaus ist saniert, am Eingangstor der langen Mauer. Wie es weiter geht, ist offen, sagt Tina Walzer.

Eigentlich hat sich Österreich im Washingtoner Abkommen 2001 verpflichtet, sich um die insgesamt 60 jüdischen Friedhöfe zu kümmern. Noch zehn Jahre hat es dann gedauert, bis der Nationalrat das in einen Beschluss gefasst hat. Einzelne kleine jüdische Friedhöfe, in Deutschkreuz im Burgenland und in Stockerau in Niederösterreich, wurden seither vor weiterem Verfall und vor der Auslöschung bewahrt.