Ägypten: "Mansur-Plan hat Chancen"

Inmitten einer Staatskrise hat der ägyptische Übergangspräsident Adli Mansur gestern einen ambitionierten Fahrplan für das Land vorgelegt. Innerhalb der nächsten zwei Wochen soll ein Verfassungsausschuss gebildet werden und noch in diesem Jahr sollen die nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden - ein ambitionierter Plan mit Chancen, meinen Kenner des Landes.

Mittagsjournal, 9.7.2013

Widerstand der Muslimbrüder

Der ägyptische Übergangspräsident Adli Mansur hat bei seinem Amtsantritt angekündigt, die Zeit bis zu den nächsten Wahlen so kurz wie möglich zu halten. Dass er so schnell einen Plan vorlegen würde, damit hat kaum jemand gerechnet: Innerhalb von zwei Wochen soll eine verfassunggebende Versammlung einberufen werden. Diese Gremium soll dann zwei Monate lang Zeit haben, die islamistisch geprägte Verfassung von Mohammed Mursi abzuändern.

Dann sollen die Ägypter über den neuen Verfassungsvorschlag abstimmen können. Und nach weiteren zwei Monaten ein neues Parlament wählen - ein ambitionierter Plan, der aber durchaus eingehalten werden könnte, glaubt Hamadi El Aouni von der Freien Universität in Berlin, allerdings unter einer Voraussetzung: Dass die Muslimbrüder ihre Chaospolitik nicht fortsetzen. Denn diese wollten den Prozess verlangsamen, indem sie die Auseinandersetzung mit Militär und Polizei suchten, "und gleichzeitig sagen lassen, dass sie damit nichts zu tun haben."

Mursi-Anhänger akzeptieren Mansur nicht

Die große Herausforderung für Adli Mansur ist es jetzt, jene Gruppen von seinem Plan zu überzeugen, die dem Vorschlag skeptisch gegenüber stehen. Das sind islamistische Gruppierungen, allen voran die Muslimbrüder. Keine leichte Aufgabe, denn in Ägypten herrscht Ausnahmezustand nachdem gestern bei Ausschreitungen 50 Menschen getötet und über 400 verletzt worden sind. Die Anhänger von Ex-Präsident Mursi halten nichts von dem Vorschlag von Mansur, so wie Ashraf Awad, der heute in Kairo demonstriert: "Ich akzeptiere die Erklärung bezüglich der Verfassung nicht. Ich habe diesen Übergangspräsidenten nicht gewählt, er ist nicht rechtmäßig im Amt, also werden die Leute seine Entscheidungen nicht akzeptieren."

Militär muss kalmieren

Die ägyptische Gesellschaft ist tief gespalten. Um die Konflikte zwischen den Gruppen zu beruhigen, müsse das Militär jetzt behutsam auf Entschärfung setzen, sagt Hamadi El Aouni. Das Militär versuche derzeit, den Kontakt zwischen den verschiedenen Fronten zu unterbinden.

Trotz der ambitionierten Pläne des Übergangspräsidenten hat Ägypten noch immer keine Regierung. Nachdem sie mehrere Kandidaten abgelehnt hat, schlägt jetzt die islamistische EL-Nour-Partei jetzt einen neuen Kandidaten vor: den ehemaligen Finanzminister Samir Radwan. Er macht für die Missstände im Land vor allem die weitverzweigte Korruption verantwortlich und soll für einen wirtschaftlichen Neuanfang in Ägypten stehen.

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