Löscher abgelöst: 6 Jahre an Siemens-Spitze

Nun ist es vorbei: Der Siemens-Aufsichtsrat hat die Ablösung des Kärntners Peter Löschers beschlossen. Ihm folgt Finanzvorstand Joe Kaeser. Differenzen im Vorstand, mit dem Aufsichtsratschef und mit der Arbeitnehmerseite mögen Gründe gewesen sein. Sicher mitgespielt haben fehlgeschlagene Investitionen, unerfüllte Gewinnerwartungen und mangelndes Vertrauen der Großaktionäre.

Mittagsjournal, 31.7.2013

Vom Pharmabereich an die Siemensspitze

Peter Löscher ist der erste Konzernchef, der nicht im weltumspannenden Unternehmen sozialisiert worden ist. Die erste Aufgabe für den großgewachsenen Kärntner ist klar umrissen - er muss Vergangenheitsbewältigung betreiben. Siemens steckt tief im Korruptionssumpf. Die Wiedergutmachung kostet das Unternehmen mehr als zwei Milliarden Euro. Bei seiner ersten Hauptversammlung im Jänner 2008 in der Münchner Olympiahalle formuliert der studierte Betriebswirt seine Maxime: Sauberes Geschäft und Spitzenleistung auf höchstem Niveau.

Aufgewachsen ist Peter Löscher zwischen Stall und Sägewerk nahe seines Geburtsortes Villach. Den Bezug zu seiner Heimat betont er gerne, so auch beim ersten Auftritt vor den Aktionären. In Villach, seiner Geburtsstadt, die auch eine Siemens-Stadt sei, habe er den Stolz der Siemensianer von Beginn an mitbekommen. Und jetzt habe er sich auch bei den Siemensianern einreihen könne.

Bevor sich Löscher bei Siemens ganz vorne einreiht, ist er in der Branche so gut wie unbekannt, trotz seiner Arbeit bei namhaften Firmen vor allem im Bereich Pharma und Medizin. Bis zum Wechsel nach München verbringt er die meiste Zeit in Asien sowie den USA. Aus den Vereinigten Staaten hat er auch einen seiner Lieblingssätze importiert: never miss a good crisis.

Probleme nach Anfangserfolg

Die Krise, ausgelöst durch den Schmiergeldskandal, hat Löscher genutzt, um den Konzern neu aufzustellen - er legt deutlich mehr Wert auf die Bereiche Medizintechnik sowie grüne Technologie. Und er trimmt den Konzern auf mehr Produktivität und damit Profit. Der passionierte Fußballfan und ehemalige Spitzenvolleyballer will mit dem Hauptkonkurrenten General Electric gleichziehen: Mittelfeld sei für Siemens nicht gut genug.

In den ersten Jahren kann Löscher seinen Worten Taten folgen lassen. Siemens kommt vergleichsweise gut durch den Konjunktureinbruch, die Gewinne erreichen neue Rekordhöhen. Vor etwa zwei Jahren beginnen sich die Probleme zu häufen. Groß- und Prestigeprojekte fallen durch teure Pannen auf. Sparprogramme werden aufgelegt, eingeschlagene Wege fast fluchtartig verlassen. Und mit der Verkleinerung des Konzerns kommt er nicht mehr an die hohen, selbstgesteckten Umsatz- und Gewinnziele heran. Noch heuer im Jänner sieht Peter Löscher Siemens noch erfolgreich unterwegs.

Ab heute jedoch ohne den verheirateten Vater dreier Kinder und einen der bestbezahlten Manager in Deutschland. Aktionäre und Aufsichtsräte haben die Geduld verloren und rechnen Peter Löscher auch vor, dass der Siemens Börsenwert unter seiner Führung um 20 Prozent gesunken ist.

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