Experten zu Fukushima: Zeitbombe oder nicht?
Wie ernst die Lage beim havarierten Atomreaktor von Fukushima wirklich? Experten sind sich darüber nicht ganz einig. Die einen sprechen vom möglicherweise größten Atomunfall in der Geschichte der Menschheit. Die anderen sagen, der Reaktor-Unfall von Tschernobyl war um ein Zehnfaches schlimmer.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.8.2013
Lokal und lösbar?
Ist Fukushima ein tickende Zeitbombe oder nicht? Keiner kann das - außer vielleicht die AKW-Betreiberfirma Tepco - seriös beantworten, sagt etwa Walter Kutschera, Kernphysiker an der Universität Wien. Denn die Informationen sind spärlich. Aktuell - das hat Tepco zugegeben - sind 300 Tonnen radioaktives Wasser aus noch unbekannten Öffnungen in mindestens einem Auffang-Tank ausgeströmt. Das Wasser hat sich in Teichen auf dem Boden des Werksgeländes gesammelt. Ein Teil des davon sei auch ins Meer geflossen. Das sind keine guten Nachrichten, aber - aus Sicht der Experten - nach wie vor hauptsächlich ein lokales Problem, das lösbar scheint.
"Wir halten den Atem an"
Ob der Abtransport der 1.535 Brennelemente, der für November geplant ist, allerdings gelingen wird, ohne dass weitere Strahlung austritt, darüber herrscht geteilte Meinung. Zur Zeit befinden sich diese Brennstäbe in einem sogenannten Abklingbecken im fünften Stockwerk des Reaktors vier. Von dort sollen sie weggebracht werden, auf festen Erdboden. In diesem Vorgang ortet der Atomexperte von Global 2000, Reinhard Uhrig, eine atomare Gefahr, die weite Teile Japans verseuchen könnte. Denn die Computersteuerung, die man normalerweise dafür verwendet gibt es nicht mehr, die Brennstäbe müssten manuell verlagert werden. Uhrig: "Wir halten alle den Atem an, dass das gut gehen wird." Sollten die Brennelemente aufgrund von Bedienungsfehlern aneinander krachen, brechen und herunterfallen, bestehe das Risiko einer unkontrollierten Kettenreaktion, "wonach man die Gegend nur fluchtartig verlassen kann".
Hoffnung auf vorhandenes Knowhow
Der Kernphysiker Walter Kutschera hält dieses Szenario für extrem unwahrscheinlich. Dass man ganz Japan mit der Radioaktivität aus Fukushima verseuchen könnte, sei eine übertriebene Aussage. Die Japaner seien eine erfahrene, hochtechnisierte Atomnation und könnten mit Atomtechnik vernünftig umgehen. "On das tatsächlich gemacht wird, ist natürlich eine andere Frage", gibt Kutschera zu. Fazit: Ob Fukushima eine tickende Zeitbombe ist oder nicht, muss derzeit weiter unbeantwortet bleiben.