Spannungen zwischen Hongkong und China

In der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong wächst der Frust gegenüber China und der Zentralregierung in Peking. Die Stimmung ist die schlechteste seit der Rückgabe Hongkongs an China vor 16 Jahren, heißt es in jüngsten Umfragen. Pro-Demokratie-Aktivisten wollen in den kommenden Monaten eine umfassende Protestwelle anzetteln.

Mittagsjournal, 11.9.2013

Aktivist: "Haben nichts gemeinsam"

Ein Video auf Youtube hat zu einem regelrechten Krieg der Worte geführt. Das Video zeigt ein Mädchen vom chinesischen Festland, das in einem U-Bahnzug in Hongkong isst - das ist dort verboten. Das Mädchen wird von einem Hongkonger Mann gemaßregelt, was einen bekannten Pekinger Universitätsprofessor auf den Plan ruft. Der beschimpft Hongkong-Chinesen als Hunde der britischen Imperialisten. In Hongkong formieren sich ebensolche Hitzköpfe und bezeichnen Festlandchinesen als Heuschrecken.

Das alles hat sich schon im vergangenen Jahr zugetragen. Seither nehmen die Animositäten zwischen den chinesischen Brüdern zu. Im Shopping-Viertel Causeway Bay auf Hongkong Island treffen wir einen Aktivisten, der sich Billy nennt. Der junge Mann hat eine anti-chinesische Internetplattform gegründet und organsiert regelmäßig Proteste gegen Touristen vom Festland. „Seit Hongkong an China zurückgegeben wurde, kommen Millionen aus dem Festland zu uns. Sie verändern alles was wir hier haben. Die Preise steigen, sie essen in den U-Bahnen, sie verrichten ihre Notdurft einfach auf der Straße, sie drängen, sie blockieren Eingänge. Sie geben uns ein schlechtes Image. Wir Hong konger haben mit Festlandchinesen aber nichts gemeinsam“, sagte Billy.

Jede fünfte Wohnung geht an Festlandchinesen

Fotos, die die Aktivisten am Straßenrand aufhängen, zeigen angeblich Festlandtouristen, die sich schlecht benehmen. Das regt viele Passanten auf: „Die haben einfach keine Disziplin“ meint Herr Chan. "Das ist ihre Kultur, sie haben wenig Bildung. Und wir Hongkonger sind dagegen machtlos."

Das Geld der Touristen will man allerdings schon. Die 35 Millionen Chinesen, die Hongkong im vergangenen Jahr besuchten, geben im Schnitt deutlich mehr aus als Touristen aus anderen Ländern. Allerdings geht mittlerweile jede fünfte Wohnung in Hongkong an einen Festlandchinesen, was die Immobilienpreise weiter in die Höhe treibt.

Dass Mütter vom Festland Babys in Hongkong zur Welt bringen wollen, um für ihre Kinder einen Aufenthaltstitel zu ergattern, erzeugt ebenso böses Blut wie der Run auf Babymilchpulver, das zeitweise in Hongkong ausverkauft war, weil Festlandchinesen dem Produkt zuhause nicht trauen. Nach einem öffentlichen Aufschrei wurden dagegen mittlerweile Maßnahmen erlassen.

Angst um Meinungsfreiheit

Letztlich, so meinen viele hier, geht es um den Erhalt der Weltoffenheit, der Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit in Hongkong. Kurz - um den als positiv empfundenen Teil des britisch-kolonialen Erbes. Hongkongs Führer werden von vielen als Lakaien Pekings betrachtet. Dem Versprechen Chinas auf weitere Demokratisierung in Hongkong wird wenig Glauben geschenkt.

Und so formiert sich derzeit eine größere Bewegung, die in den kommenden Monaten lautstark den Einfluss Pekings in Protestaktionen entgegen treten will. Was bei Chinas Führern für Nervosität sorgt. Eines steht fest: 16 Jahre nach der Rückgabe Hongkongs scheinen die chinesischen Brüder weiter voneinander entfernt denn je.