China: Immer mehr Lebensmittel online
In China reißen die Lebensmittelskandale nicht ab. Die Bürger suchen nach Alternativen und finden sie zunehmend im Internet. Der Online-Handel mit Lebensmittel ist zu einem Milliardengeschäft geworden. Internetanbieter versprechen ihren Kunden Transparenz und Lebensmittelsicherheit durch einen direkten Draht zu den Bauern.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.8.2013
Felder im Livestream
Qiyiwang ist eine von vielen Internetseiten in China, die Konsumenten sichere Lebensmittel anbietet. Um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen, haben sich die Betreiber einen besonderen Marketing-Gag einfallen lassen. Auf den Feldern der unter Vertrag stehenden Bauern wurden Überwachungskameras installiert. So können die Kunden jederzeit im Live-Stream online überprüfen, was die Bauern genau mit dem Obst und Gemüse treiben, das später auf der Lebensmittelplattform angeboten wird.
Das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit ihrer Lebensmittel ist in China auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Und das aus gutem Grund. Ob Ratten und Füchse, die mit Gelatine verarbeitet und dann als Lammsteak verkauft werden. Ob Kohl, der mit Formaldehyd verunreinigt ist oder gefärbte grüne Bohnen, die beim Kochen die gesamte Farbe verlieren. Es vergeht kaum ein Tag in China ohne neuen Lebensmittelskandal. Immer mehr Konsumenten greifen zu teuren ausländischen Produkten oder Suchen nach biologisch angebauten chinesischen Lebensmitteln, auf die sich Internetplattformen spezialisiert haben, während sie in vielen Supermärkten noch kaum zu finden sind.
Frischer als im Supermarkt
"Wenn ich Gemüse online kaufe, dann ist das einfach frischer als im Supermarkt. Die liefern sehr schnell", sagt Herr Wang. "Ich kaufe alles Mögliche online. Vor kurzem habe ich im Fernsehen gesehen, dass das auch mit Lebensmitteln funktioniert. Ich habe es probiert und bin überzeugt, dass das Zeug einfach sicherer ist als wenn man es auf dem Markt kauft", erzählt Herr Sheng, ein Computerfachmann aus Shanghai.
Sicherheit und höhere Qualität – darum dreht sich alles. Doch auch wenn die Betreiber der Online-Markplätze beteuern, dass sie direkt mit den Landwirten zusammenarbeiten und die Ware dort auch selbst abholen, gibt es letztlich keine Garantien dafür, dass wirklich gesund und biologisch ist, was als solches vermarktet wird.
Wachstum und Investitionen
Das Geschäft mit dem Online-Lebensmittelhandel blüht jedenfalls. Eineinhalb Milliarden Euro sollen damit heuer in China umgesetzt werden. Fünf Milliarden könnten es schon in fünf Jahren sein, glauben Analysten - Wachstumsraten, die weit über jenen anderer Länder liegen. Zu kaufen gibt es derzeit online vor allem Lebensmittel, die nicht zu schnell verderben. Doch das soll sich ändern. Die großen Lebensmittelketten und Onlineplattformen investieren landesweit in Kühllager und effiziente Logistik. So sollen Lebensmittel künftig rascher und direkt vom Erzeuger zum Konsumenten gebracht werden. Und das ganz ohne Zwischenhändler. Billig wird das nicht. Doch scheinen Konsumenten, vor allem aus Chinas wachsender Mittelschicht, zunehmend bereit zu sein, für frische und hoffentlich tatsächlich auch gesunde Lebensmittel tief in die Tasche zu greifen.