Lampedusa: Buhrufe für Barroso

Nach der Flüchtlingstragödie von Lampedusa sind Kommissionspräsident Barroso und Innenkomnissarin Malmström am Vormittag drei Stunden auf der Insel gewesen. Begleitet wurden sie vom italienischen Regierungschef Letta und Innenminister Alfano. Wie angespannt die Situation ist und wie gering die Hoffnung auf konkrete Lösungen, hat der teils sehr unfreundliche Empfang der Delegation gezeigt.

Mittagsjournal, 9.10.2013

Besuch in der Leichenhalle

"Vergogna, Assasini - Schämt Euch, Mörder!" schrie eine Gruppe von Bewohnern den Ankömmlingen aus Brüssel und Rom zu, als diese in den Hangar am Flughafen gingen. Das Gebäude ist seit sieben Tagen eine riesige Leichenhalle, mit langen Reihen von Särgen und Leichen-Säcken für immer neue Tote, die die Taucher-Teams nach und nach aus dem gesunkenen Wrack holen. Über 300 Leichen sind es bis jetzt, bis zu 70 fehlen noch. "Wenn sie nur kommen, um Ihr Beileid auszusprechen, brauchen wir sie nicht", soll die engagierte Bürgermeisterin Giusy Nicolini gesagt haben.

Zur Empörung der Bewohner war angeblich aus Sicherheitsgründen nicht geplant, dass Barroso und Begleiter sich auch die katastrophalen Zustände im dreifach überfüllten Aufnahmezentrum der Insel anschauen. Offenbar gab es ein Umdenken, und noch vor der Pressekonferenz begaben sich Barroso, Letta und Alfano zu den Flüchtlingen, wo sie zur Stunde sind.

"Im Stich gelassen"

Bei seiner Ankunft hatte Barroso eine Twitterbotschaft ausgeschickt, mit dem Versprechen, dass seinem Besuch konkrete Taten folgen würden.
Kundgebungen gab es auch im Hafen und vor der Gemeinde. Die Kameras sollten auch das Leid der Inselbewohner übertragen, die sich von ihrem Staat im Stich gelassen fühlen. 4.500 Einwohner, eine winzige Insel mit schlechter Infrastruktur und nicht einmal einem Krankenhaus, weit weg vom Festland, näher an Afrika als an Italien - und verdammt dazu, ein Problem zu tragen, das allen gehört.

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