Neuer EU-Anlauf mit Türkei

Die EU-Kommission will wieder mit der Türkei über den Beitritt zur Europäischen Union verhandeln. Im Erweiterungsbericht der Kommission wird betont, das wäre der beste Weg für Reformen in der Türkei. Allerdings bleibt es dabei: entscheiden werden darüber die einzelnen Mitgliedsstaaten der Union.

Mittagsjournal, 16.10.2013

Verhandlungsneustart empfohlen

Als Eisbrecher für den eingefrorenen Beitrittsprozess mit der Türkei sieht sich EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle. Er empfiehlt in seinem jährlichen Fortschrittsbericht über die Kandidatenländer heute eine Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Ankara. Die EU-Staaten haben eine im Juni geplante Beitrittskonferenz abgesagt, nachdem die türkischen Behörden die Proteste im Istanbuler Gezi-Park gewaltsam niedergeschlagen hatten.

Die Polizeigewalt unterstreiche, dass Grundrechte in der Türkei nicht ausreichend garantiert seien, sagt auch die EU-Kommission. Der effektivste Weg das zu erreichen, seien aber die mit den Beitrittsverhandlungen verbundenen Anforderungen an die Türkei, Reformen durchzuführen. Als positiv vermerkt die Kommission das vor wenigen Wochen von der türkischen Regierung vorgestellte Demokratiepaket mit Zugeständnissen an die Kurden. In mehreren EU-Ländern hat das dagegen eher wegen der Lockerung des Kopftuchverbots im öffentlichen Dienst Schlagzeilen gemacht.

Die EU-Staaten haben im Juni eine Wiederaufnahme der Verhandlungen vom Bericht der Kommission abhängig gemacht. Sie könnten bei einem Ministertreffen Anfang nächster Woche darüber entscheiden. Dafür wäre Einstimmigkeit nötig.

In den seit fast acht Jahren laufenden Beitrittsgesprächen ist bisher nur ein Verhandlungskapitel abgeschlossen. Die schweren Brocken wie Grundrechte und Justiz sind noch gar nicht angesprochen. Die EU-Kommission drängt darauf, diese heiklen Bereiche schnell in Angriff genommen. Da müsste allerdings die Türkei zuerst Blockaden gegenüber dem Erzfeind Zypern aufheben.

Neben der Türkei berichtet die Kommission auch über Fortschritte und Hindernisse im Annäherungsprozess der Balkanländer und Islands. Am kritischsten geht die Kommission dabei mit Bosnien-Herzegowina um. Härtester Kritikpunkt: die fortgesetzte Diskriminierung von Bürgern aus ethnischen Gründen.

Die EU-Kommission hat deshalb schon letzte Woche Fördergelder an Bosnien-Herzegowina in Höhe von fast 50 Millionen Euro eingefroren.

Am einfachsten wäre die Sache eigentlich mit Island. Doch die neue isländische Regierung zeigt der EU seit Mai die kalte Schulter. Sie sieht im EU-Beitritt nichts Verlockendes und hat die seit 2010 laufenden Beitrittsgespräche abgebrochen.