Kurz im krisengeschüttelten Kroatien
Der neue österreichische Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kommt heute zu seiner ersten Auslandsreise nach Kroatien. Das Land ist seit fast sechs Monaten Mitglied der EU, besser ist die triste und wirtschaftliche Lage aber nicht geworden; im Gegenteil: So hat die EU-Kommission in Brüssel bereits ein Defizitverfahren eingeleitet. Grund dafür ist, dass Kroatien bisher weder Staatsverschuldung noch Budgetdefizit in den Griff bekommt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 20.12.2013
Die EU-Kommission erwartet für 2014 in Kroatien ein Defizit von 5,4 Prozent und eine Staatsschuld, die 62 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung erreichen wird. Hinzu kommt, dass Kroatien derzeit eher die negativen Folgen des EU-Beitritts spürt.
Beitritt mit Schattenseiten
Die Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass trotz des EU-Beitritts die Importe nach Kroatien rückläufig sind; die Ausnahme bilden vor allem Einfuhren von Lebensmittel aus der EU; dadurch geraten kroatische Bauern und Produzenten unter Druck; sie trifft auch die Tatsache, dass Kroatien nach dem EU-Beitritt die Freihandelszone mit Serbien und Bosnien verlassen musste, sodass auch die Exporte zurückgehen. Denn viele Marken kennen zwar Konsumenten in Ex-Jugoslawien, in der EU sind sie aber weitgehend unbekannt.
Gering sind ausländische Investitionen, weil der Kampf gegen Bürokratie und Korruption eher stagniert; dagegen liegt die Arbeitslosigkeit bereits bei 17 Prozent. Die Misere wirke sich aber nicht auf die Haltung gegenüber der EU aus, betont in Agram der Philosoph Zarko Puhovski: „Die EU bekommt weder positive noch negative Punkte. Für die schlechte Lage werden nicht die EU, sondern die Regierung oder die vorherige Regierung verantwortlich gemacht. Die EU ist somit zweitrangig, weil der Kampf um das täglich Leben dominiert; und wenn es darum nicht geht, dann dominieren ideologische Gräben.“
Kein Zusammenhalt
Diese ideologischen Gräben traten jüngst beim Referendum gegen die gleichgeschlechtliche Ehe besonders stark zutage. Bei der Abstimmung siegten die konservativen Initiatoren und in der Verfassung wird nun die Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau verankert. Im Gegenzug soll nun ein Gesetz über gleichgeschlechtliche Partnerschaften kommen. Für die Fortsetzung des ideologischen Grabenkrieges ist somit gesorgt. Gesellschaftspolitische Themen nutzen Mitte-Links-Regierung und konservative Opposition, um bei den Wählern zu punkten und um vom Fehlen klarer Reformstrategien abzulenken.
Dazu sagt die frühere Ministerpräsidentin Jadranka Kosor, die Kroatien in die EU geführt hat: „Weder Regierung noch Opposition haben Vorschläge oder eine Vision. Als ich die Regierung führte, habe auch ich von der Opposition keinerlei Rückendeckung bekommen, und so ist es auch heute. Das ist eines der größte Probleme: Es fehlt ein Minimalkonsens über schwere Entscheidungen, die wenigstens ein Teil der Opposition mittragen müsste, und zwar ungeachtet der nächsten Wahlen.“
Wenig Hoffnung
Die nächsten Wahlen sind die Europawahlen im Mai; daher sind Konsens und rasche Besserung der tristen Lage nicht zu erwarten. In Kroatien machen Exporte nur 25 Prozent der Wirtschaftsleistung aus, in Slowenien sind es 80 Prozent. Von einer wirtschaftlichen Erholung in der Eurozone wird Kroatien daher nur in bescheidenem Ausmaß profitieren können.