Frauen im Iran emanzipieren sich

Eine der wenigen erfreulichen Überraschungen der Weltpolitik im vergangenen Jahr war der Sieg des Mullahs Hassan Rouhani bei den iranischen Präsidentenwahlen. Nach Jahrzehnten der Eiszeit zwischen dem Iran und dem Westen sieht es nun nach einem Tauwetter aus. Seinen Wahlerfolg hat Rouhani zu einem großen Teil den Stimmen weiblicher Wähler zu verdanken.

Mittagsjournal, 24.12.2013

Starke Frauen haben Tradition

Junge Iraner wollen heute nur das Eine, kann man Iranerinnen klagen hören - sie wollen eine erfolgreiche, gut verdienende Frau heiraten, die ihnen ein bequemes Leben sichert. Das mag unglaublich klingen in einem Land, in dem ein religiöses Regime festlegt, wie Musliminnen sich zu kleiden und zu benehmen haben. Und doch seien Frauen in der Verwaltung, an den Universitäten, in den Medien und in der Kunst seit vielen Jahren im Vormarsch, sagte Nazanin Shoebahari, eine erfolgreiche Teheraner Galeristin.

"Diese Geschichte geht zurück bis zu unseren Großmüttern und Müttern, die in ihren Familien eine starke Rolle gespielt haben" so Shoebahari. Seither habe sich nicht nur die Welt weiter verändert, sondern auch der Iran. Außerdem habe die Islamische Revolution auch konservative Familien darin bestärkt, dass sie ihre Töchter auf Universitäten und ins Berufsleben schicken können. Aber die heutige Stärke der iranischen Frauen und unserer Zivilgesellschaft sei in erster Linie das Verdienst ihrer Vorfahren.

Strenge Kleiderordnung wird aufgebrochen

Seit Präsident Rouhani das Land regiert, sind auf den Straßen von Teheran wieder buntere Farben zu sehen. Immer mehr Frauen setzen sich über die strenge Kleiderordnung der islamischen Sittenwächter hinweg. Die Kopftücher rutschen deutlich nach hinten und geben wieder mehr Haar frei. Dabei hat Rouhani die Tabus der islamischen Gesellschaft noch gar nicht angetastet. Immer noch gilt die Aussage einer Frau vor Gericht weniger gilt als die eines Mannes.

Engagierte Iranerinnen wie Shoebahari wollen sich allerdings nicht auf Frauenfragen beschränken.
"Eigentlich kämpfen Frauen hier für die gleichen Ideale wie Männer", betonte sie. Für Ideale, die schon hundert Jahre alt seien. Damals habe es die ersten Ansätze einer demokratischen Reformbewegung gegeben. "Aber die Früchte haben wir bis heute nicht geerntet", stellte Shoebahari fest. Es wäre ein Fehler so zu tun, als würden Frauen nur für ihre eigenen Anliegen eintreten. "Auch wenn wir natürlich eher einen Politiker respektieren, der sich mehr für Chancengleichheit ausspricht."

Junge Frau als Bürgermeisterin

In den letzten Jahren, als der Westen der iranischen Wirtschaft immer schwerere Sanktionen auferlegt hat, und sogar ein Militärschlag angedroht wurde, da hätten vor allem Frauen das zu spüren bekommen. Schließlich sind sie es, die in iranischen Familien den Alltag managen.

Noch dazu glaubt die Teheraner Intellektuelle, dass Strafmaßnahmen von außen keinen Nutzen bringen. "Wir mögen es nicht, wenn man sich in unser Land einmischt. Wir mochten das nie", so Shoebahari. Vor ungefähr fünfzig Jahren hätten Briten und Amerikaner einen gewählten Regierungschef abgesetzt. "Und schauen Sie was dabei heraus gekommen ist. Einmischung von außen schwächt unsere Zivilgesellschaft." Denn wenn das Regime Druck von außen bekomme, gebe es diesen Druck auf die Leute weiter.

Seit kurzem gibt es im Iran eine junge Bürgermeisterin - in Belutschistan, einer schwach entwickelten Provinz im Süden. Die neue Bürgermeisterin gehört der sunnitischen Minderheit der Belutschen an. Ihr Bild war tagelang in iranischen Zeitungen zu sehen.