Venezuelas Gesundheitssystem kollabiert

Ob Milch, Rosinen oder Klopapier: jedes fünfte Produkt ist in Venezuela mittlerweile Mangelware. Der Grund dafür ist die sozialistische Planwirtschaft der Regierung, die Knappheiten verursacht und die jährliche Inflation auf rund 50 Prozent steigen lässt. Doch inzwischen fehlt es auch an Lebenswichtigem wie Medikamenten oder Spitalsausrüstung. Vor allem für die Behandlung von Krebs gibt es kaum Ressourcen. Immer mehr Ärzte warnen vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems.

Mittagsjournal, 4.1.2014

Spitäler haben kein Geld

Die Krankenakte ihres Großvaters, die kennt Andrea Szabo auswendig. Seit fast einem Jahr kämpft die 28jährige Venezolanerin dafür, dass ihr krebskranker Großvater eine Chemotherapie bekommt. Doch in den öffentlichen Spitälern stößt sie auf taube Ohren: Wir sind in verschiedene Krankenhäuser von der Regierung gegangen und alle haben dasselbe gesagt: nein die Maschinen gehen nicht, wir haben nicht die Chemie dafür. Bis wir einen Termin bekommen haben, sind zwei Monate vergangen.

Eine angemessene Therapie gebe es mittlerweile nur mehr in den Privatkliniken, sagt Andrea. Doch die kosten Geld. Die Krebsbehandlung des Großvaters hat Andreas Familie bereits all ihre Ersparnisse gekostet. Die erste Behandlung haben wir selbst bezahlt, es war sehr teuer, wir haben das Auto verkauft.

So wie Andrea verschulden sich viele. 53 Prozent der Venezolaner lassen sich nur mehr in Privatkliniken behandeln. Selbst Regierungsmitglieder und Beamte haben private Krankenversicherungen. Doch selbst dort fehlt es an allen Ecken und Enden. Die Krebsmedikamente für ihren Großvater musste Andrea selbst besorgen.

Tote aus Therapiemangel

19.000 Venezolaner brauchen offiziellen Zahlen zufolge eine Krebsbehandlung, nur jeder vierte bekommt eine. Und die Dunkelziffer ist viel höher, glaubt Maria Consuelo Monsante, von der Brustkrebsorganisation Senosayuda. Wir haben nicht genügend Ausrüstung für die Chemotherapien, keine Medikamente, keine radioaktiven Stoffe. Von den 18 Chemotherapie-Geräten, die es in Caracas, funktionieren gerade einmal zwei.

Immer mehr Patienten würden sterben, bevor sie überhaupt behandelt werden, kritisiert Patientenanwalt Francisco Valencia. Es ist tägliche Qual, nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Angehörigen. Denn jeden Tag ohne Behandlung wird die Chance kleiner, dass man überlebt.

Offizielle Zahlen gibt es dafür aber keine. Seit 2010 hat die venezolanische Regierung keine Gesundheitsstatistiken mehr veröffentlicht.