China: Prozess gegen Bürgerrechtler
In Peking steht seit heute einer der bekanntesten Bürgerrechtler des Landes vor Gericht. Dem Rechtsprofessor Xu Zhiyong (40) wird die Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen. Sein Vergehen: Er hat sich für Rechtsstaatlichkeit und auch die Offenlegung der Vermögensverhältnisse von KP-Mitgliedern eingesetzt. Just zu Beginn des Prozesses wurden außerdem weitere brisante Details über den Reichtum hochrangiger KP-Mitglieder und ihrer Familien bekannt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.1.2014
Ausländische Beobachter abgeblitzt
Chinas Sicherheitsapparat, er hat heute wieder einmal Hochbetrieb. Vor dem Gerichtsgebäude werden ausländische Journalisten von Dutzenden Beamten in Uniform und Zivil vertrieben. Den Unterstützen von Xu Zhiyong ergeht es weitaus schlechter: mehrere werden vor unseren Augen abgeführt und in einen wartenden Polizeibus gezerrt:
„Xu Zhiyong hat kein Verbrechen begangen. Er dient dem Volk. Die Partei gibt nur vor, uns zu dienen. Und lässt all jene verhaften, die sich wirklich für uns Menschen einsetzen“, erzählt eine Frau. Westliche Diplomaten, die den Prozess beobachten wollten, darunter auch einer Vertreterin Österreichs, werden am Zutritt zum Gerichtssaal gehindert.
Milliardenvermögen der Machtelite
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping lässt keinen Zweifel: Widerspruch wird nicht geduldet. Zwar läuft jüngst eine weitreichende Kampagne gegen Korruption mit der die Partei ihr angekratztes Image wieder aufpolieren will. Doch ist es eben die Partei allein, die bestimmt wer wann auffliegt. Und ob überhaupt. Und so holt die KP zum Rundumschlag aus. Mehreren Mitgliedern der neuen Bürgerbewegung sowie deren Gründer Xu Zhiyong wird der Prozess gemacht. Der 40-jährige Jurist und Uni-Lehrer gilt in China als Vorkämpfer für Gesetz, Rechtsstaatlichkeit und gegen Korruption. Als er öffentlich KP-Mitglieder aufruft ihre Vermögensverhältnisse offen zu legen wird er festgenommen. Denn der Reichtum von Chinas einflussreichsten roten Familien ist ein Tabuthema.
Geld in Steueroasen
Ausgerechnet zum Auftakt des Prozesses gegen einen mutigen Anti-Korruptionskämpfer werden heute neue Enthüllungen veröffentlicht. Über den Reichtum, den Chinas rote Familien mittlerweile angehäuft haben. Demnach schaffen Mitglieder Chinas Machtelite riesige Vermögen ins Ausland. Sie steuern Transaktionen über Briefkastenfirmen etwa in der Karibik und verbergen so ihren Wohlstand vor der Öffentlichkeit. Westliche Banken, darunter angeblich auch die deutsche Bank und mehrere Schweizer Institute, helfen chinesischen Kunden geheime Strukturen in Steueroasen zu erschaffen. Das alles geht aus den sogenannten Offshore Leak-Daten hervor, die dem internationalen Konsortium für investigative Journalisten vor zwei Jahren zugespielt und im Falle Chinas erst jetzt nach langen Recherchen veröffentlicht wurden.
In den Dokumenten tauchen illustre Namen auf: jener des Schwagers von Präsident Xi Jinping. Jene der Tochter und des Schwiegersohns von Ex-Premier Wen Jiabao. Sowie die Namen von Angehörigen anderer KP-Granden und von Wirtschaftsbossen. Chinas Medien schweigen über die brisanten Enthüllungen, in den Internetforen werden sie zensuriert. Auch über den heutigen Prozess gegen jenen Mann, der mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen die grassierende Korruption kämpfen will, erfahren die Chinesen offiziell nichts.