Ära Hartmann: Ein Rückblick

Wenn heute im Wiener Burgtheater die Premiere von "Richard III." stattfindet, muss sie ohne einen amtierenden Intendanten über die Bühne gehen. Auch das noch von Matthias Hartmann initiierte Ungarn-Festival in den kommenden Tagen mit vielen interessanten Aufführungen, das ihm besonders wichtig war, wird er nicht begleiten.

Hartmann wurde gestern entlassen und darf das Haus am Ring seither nicht betreten - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Burgtheaters. Zeit, zurück zu blicken auf die Ära Hartmann.

Mittagsjournal, 12.3.2014

Kommt Kusej?

Als Matthias Hartmann vor 4,5 Jahren in Wien einzog, hatte er sich gegen einen Gegenkandidaten durchgesetzt, den Regisseur Martin Kusej. Dieser wird jetzt wieder an erster Stelle als sein Nachfolger genannt. Hartmann war damals von Kunststaatsekretär Franz Morak in sein Amt gehoben worden. Er hatte bereits zwei erste Theater im deutschsprachigen Raum geführt, Bochum und Zürich.

Aus Zürich wollte er einige Inszenierungen mitnehmen, er selbst inszenierte Faust 1 und 2 mit Tobias Moretti und Gert Voss. Ein großes Theaterfest wollte er feiern, auf dem der Namen Hartmann draufstand. Das ging nur bedingt auf. Die Kritik stand ihm sehr oft zwiespältig gegenüber, sprach von einem Gemischtwarenladen, das Publikum schien die Vielfalt zu genießen, die er anbot. Die reichte von großen Klassikerinszenierungen bis zu ganz modernen Gruppenexperimenten.

Zuletzt gelang es ihm, Peter Stein zum ersten ans Haus zu binden, mit Shakespeares "König Lear". Und in dieser seiner, wie es sich herausstellte, letzten Spielzeit, bot er auch den "Hamlet" in der Regie von Andrea Breth, aber auch eine Inszenierung der international vielbeschäftigten Katie Mitchell nach der Erzählung "Das wunschlose Unglück" im Burgtheaterkasino ,die zwar von der Kritik hochgelobt wurde, deren extrem kostspielige Technik aber auch zuletzt heftig kritisiert wurde.

Die besten Schauspieler, die wichtigsten Regisseure, war Hartmanns Motto das Publikum dankte es ihm. Hartmann fühlte sich in Österreich wohl und gab auch nicht den unbeliebten deutschen Besserwisser. Der österreichischen Dramatik widmete er eine ganze Spielzeit, wenn auch seine eigene Inszenierung von Franz Grillparzers "Ahnfrau" nicht den ersehnten Anklang fand.

Überhaupt Hartmann als Regisseur. Dass Inszenieren war ihm ein notwendiger Ausgleich zur Arbeit als Intendant: Wenn man ihn da bei Proben interviewte, kam auch durchaus der dünnhäutige, selbstkritische Künstler zum Vorschein: Ob das nun bei seiner fulminanten Komödienmaschine in "Was Ihr Wollt" oder bei seiner wohlwichtigsten Regiearbeit, dem sechsstündigen "Krieg und Frieden" im Burgtheaterkasino war.

Auch Hartmann letzter unglücklicher Schritt in der Burgtheateraffäre ist wohl auf diese Nervosität und Impulsivität zurückzuführen: Der Teilrückzug als kaufmännischer Leiter, der noch künstlerischer Intendant bleiben will. Dass Hartmann, der 1963 im norddeutschen Kiel geboren wurde, erst Kaufmann lernen wollte und abbrach, am Theater jetzt an der kaufmännischen Seite gescheitert ist, ist ein trauriger Treppenwitz. Wie auch immer, die Burgtheatercausa ausgehen wird, das Theater- Machen wird der leidenschaftliche Theatermann wohl nicht lassen.