Ärztearbeitszeit im EU-Vergleich
Die EU-Kommission droht Österreich mit einer hohen Geldstrafe, sollte die Regierung nicht demnächst das Arbeitszeit-Gesetz für Ärzte in Krankenanstalten reparieren. Die Bundesländer befürchten Ärztemangel, wenn die EU-Vorgaben eingehalten werden müssen. Aber auch andere EU-Länder haben Schwierigkeiten, die Richtlinie umzusetzen und haben verschiedene Schlupflöcher gefunden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.3.2014
Bedingungen verbessern
Die EU-Mitgliedsstaaten haben zehn Jahre, manche sogar 20 Jahre Zeit gehabt, ihre Arbeitszeitgesetze zu reparieren. Und circa die Hälfte der EU-Mitgliedsländer haben diese Arbeitszeitrichtlinien auch umgesetzt oder sind nahe daran, darunter Schweden, Holland und Ungarn. Andere Länder argumentieren mit Ärztemangel und haben die Lösung des Problems aufgeschoben - wie Österreich.
Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer: "Wenn die Arbeitsbedingungen in Spitälern EU-konform wären, würden die Ärzte auch in Spitälern arbeiten wollen. Aktuell fliehen sie - völlig verständlich. Wenn die Bedingungen besser werden, gibt es auch keinen Mangel."
Schlüsselwort "Opting out"
Andere Länder, wie Deutschland, Irland oder Italien haben die "Opt-out-Lösung" gewählt. Das heißt: Gibt es triftige Gründe - und Ärztemangel ist so einer - erlaubt die EU Spitälern für einen begrenzten Zeitraum, eigene Vereinbarungen mit der Belegschaft zu machen. Ernest Pichlbauer zum Beispiel Deutschland: Dort sei die Arbeitszeitregelung für Ärzte stark dezentralisiert, es gebe regional oder auch nur für einzelne Krankenhäuser Kollektivverträge, und daher sei die Anpassung an EU-Vorgaben nicht leicht umzusetzen. Dennoch versuche man das im Rahmen der Möglichkeiten.
Manche Länder reizen dieses Angebot allerdings zu sehr aus, wie zum Beispiel Irland, schildert Pichlbauer: Dort scheine das Opting-out statt begrenzt, struktieriert abgelaufen zu sein - "so ähnlich wie bei uns, wobei wir das Opting-out gar nicht eingeführt haben, sondern gleich über Kollektivverträge abgehandelt haben. Und das ist nicht EU-konform."
Zeit wird knapp
In Österreich wurde 2003 über eine Opt-out-Lösung diskutiert, aber von der Gewerkschaft abgelehnt. Das sei schade, findet Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. Denn damit wären sehr viele Dinge transparenter geworden, auch die überlangen Arbeitszeiten. "Und dann hätten wohl einige Politiker darüber nachgedacht, wie man hier besser agieren kann." Jetzt bleibt dem zuständigen Sozialministerium nur mehr ein knappes Monat Zeit um auf das Mahnschreiben der EU zu reagieren und Lösungen vorzuschlagen.