Vor Präsidentenwahl in Afghanistan
In Afghanistan geht morgen die Ära von Präsident Hamid Karzai zu Ende. Zwölf Millionen Wähler sind dazu aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Seit gestern sind die Sicherheitskräfte des Landes in höchste Alarmbereitschaft versetzt, denn die Taliban sind schon seit Wochen überaus aktiv. Doch viele der 12 Millionen Wähler wollen sich von dem Urnengang nicht abhalten lassen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.4.2014
Acht versprechen bessere Zukunft
Auf einem Markt in Kabul. Ein Obstverkäufer will sich morgen nicht vom Wählen abhalten lassen, weder von den Anschlägen der Taliban, die Kabul in den letzten Wochen aufgerüttelt haben, noch von den Drohungen der Taliban, die auch am Wahltag zuzuschlagen wollen. "Auch wenn es Selbstmordattentate gibt, wir müssen wählen gehen, es geht schließlich um die Zukunft unseres Landes", sagt der Obstverkäufer. "Wir brauchen einen ehrlichen Mann, der unserem Land dient."
Acht Kandidaten versprechen Afghanistan eine bessere Zukunft. Erstmals in der Geschichte des Landes mussten sie ihr Versprechen in zahlreichen TV-Debatten und großen Wahlkampfauftritten untermauern. Drei Favoriten haben sich dabei herauskristallisiert: Zalmai Rassoul, ein enger Vertrauter des scheidenden Präsidenten Karzai. Er hat in Paris studiert und will Karzais Kurs für Afghanistan fortsetzen: "Ich habe gute Beziehungen zu allen ethnischen Gruppen in Afghanistan", sagt Zalmai Rassoul. Er ist der einzige der Kandidaten, der sich eine Frau als Stellvertreterin in sein Team genommen hat.
Ebenfalls gute Aussichten hat der Finanzexperte Ashraf Ghani. Als ehemaliger Weltbankmitarbeiter und in den USA studierter Wirtschaftsexperte hat er das überzeugendste Wirtschaftsprogramm, doch sein Vizekandidat hat viele erstaunt: Ashraf Ghani hat sich den Usbeken General Abdul Rashid Dostum ins Team geholt, dem schwere Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs in den 90er Jahren vorgeworfen werden.
Mit Wahlbetrug ist zu rechnen
Erneut gute Aussichten hat auch Abdullah Abdullah, ehemaliger Augenarzt, einst auch Außenminister unter Hamid Karzai. Abdullah gilt als heftigster Kritiker des scheidenden Präsidenten. Abdullah hat sich den Kampf gegen Korruption an seine Fahnen geheftet. Bei der letzten Präsidentschaftswahl war das Rennen zwischen ihm und Karzai schon knapp. Die Wahl 2009 versank wegen massiven Wahlbetrugs im Chaos und untergrub die Legitimität Hamid Karzais in seiner letzten Amtszeit. Diesmal werden die Wahlen in Bezug auf Wahlbetrug intensiv überwacht werden, sagt Nader Naderi, der sich für freie und faire Wahlen in Afghanistan einsetzt.
Man kann aber nicht erwarten, dass diese Wahlen völlig frei und fair sein werden. Bis zu einem gewissen Grad wird es auch diesmal sicher Wahlbetrug und Unregelmäßigkeiten geben. Sollte es keinen klaren Wahlsieg in der ersten Runde geben, findet am 28. Mai eine Stichwahl statt. Der Präsident muss dann rasch die dringenden Probleme des Landes angehen.