Unruhen im Osten der Ukraine

In der Ostukraine gehen die Unruhen vom Wochenende weiter. Die ukrainische Polizei hat die prorussischen Demonstranten in der Früh aus dem Sitz der Regionalregierung der Stadt Charkow vertrieben, in Donezk und Lugansk bleiben die Regierungsgebäude besetzt. Der ukrainische Premier Arsenij Jazenjuk wirft Russland vor, die Unruhen angestiftet zu haben.

Mittagsjournal, 07.04.2014

Waffenarsenal des Geheimdienstes gestürmt

Die Bevölkerung der Ostukraine nimmt ihr Schicksal in die eigene Hand - oder: Moskau versucht die Ostukraine zu destabilisieren: Das sind die beiden Interpretationen dessen, was in Charkow, Donezk und Lugansk an diesem Wochende passiert ist - aus Sicht des russischen Staatsfernsehens und des ukrainischen Premiers Arsenij Jazenjuk. Der ukrainischen Polizei ist es laut eigenen Angaben gelungen, die pro-russischen Kräfte aus dem Regierungsgebäuden in der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkow zu vertreiben. In Donezk haben sich die Demonstranten aber im Verwaltungsgebäude verbarrikadiert, in Lugansk sollen sie sogar das Waffenarsenal des Geheimdienstes SBU gestürmt haben. Die Polizei soll die Zufahrt zur Stadt deshalb abgeriegelt haben.

Zusammenstöße zwischen Demonstranten

Wie gespannt die Situation in der Region ist, zeigte sich gestern in Charkow, als nicht nur die lokale Verwaltung gestürmt wurde, sondern es auch zu Zusammenstößen zwischen pro-russischen und pro-ukrainischen Demonstranten kam: "Habt Angst, ihr Dreckskerle, hier ist Charkow", ruft eine Demonstrantin, "Kinderschänder, Schwule" rufen die anderen. Eine Abbild dessen, dass russische Medien seit Monaten berichten, die EU wolle die Ukraine zwingen, die Homoeehe einzuführen. "Diese ganzen Oligarchen lassen uns nicht arbeiten. Ich will arbeiten, meine Familie ernähren, ich will nicht under die Knute der EU, und NATO-Soldaten wird es hier auch keine geben!", ruft ein anderer Demonstrant.

Demonstraten fordern Volksabstimmung

Das russische Staatsfernsehen zeigt eine Reportage direkt aus dem besetzten Verwaltungsgebäude in Donezk. Die Demonstranten fordern, dass eine Volksabstimmung über den Status der Region durchgeführt wird, und beginnen gleich damit, dass ein selbst ernanntes Volksparlament ein Datum für dieses Referendum beschließt: den 27. April.

"In einem Monat gehen die Leute nicht mehr mit politischen Forderungen auf die Straße sondern mit sozialen. Sie gehen heute nachhause und sitzen dann in ihren kalten Wohnungen - das geht nicht. Daher haben wir einfach keine Zeit zu warten", erklärt Oleg Baranov, einer der Anführer der pro-russischen Aktivisten.

Wirtschaftskrieg verschärft

In den ukrainischen Medien klingt das ganz anderes: Russland habe am Wochenende den Plan "Krim 2" gestartet, um nach der Halbinsel auch die Gebiete der Ostukraine unter seine Kontrolle zu bringen. Die Unruhen sollen den Vorwand für den Einmarsch russischer Truppen liefern, erklärte Premier Arsenij Jazenjuk heute früh. Die russischen Truppen hätten sich auch nie von der ukrainischen Grenze zurückgezogen. Verschärft hat sich auch der Wirtschaftskrieg: Russland hat den Import von Milchprodukten aus der Ukraine verboten aus - wie es offiziell heißt - hygienischen Gründen.