Lobbying in Östereich immer stärker gefragt
Lobbying, ein schlimmes Wort? Spätestens seit Ernst Strasser und dessen Aktivitäten als Europaabgeordneten verbindet jeder Lobbying mit Korruption. Ein eigenes Gesetz wurde geschaffen, um die Lobbyisten-Branche an die Kandare zu nehmen. Dabei ist das ein durchaus ehrbarer Beruf, der von österreichischen Unternehmen immer stärker nachgefragt wird. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.5.2014
Lobbying als Faktor für Unternehmenserfolg
Gut 60 Prozent der österreichischen Unternehmen betreiben Lobbying oder, anders gesagt, Interessensvertretung im politischen Raum, durch eigene Mitarbeiter, über externe Berater sowie über Verbände und Kammern. Von den wenigen ganz großen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind es sogar rund 80 Prozent, das geht aus einer Studie hervor, die das Wiener Lobbying-Unternehmen Kovar und Partners gemeinsam mit dem Wirtschaftsforum der Führungskräfte erstellt hat.
357 Manager und Geschäftsführer haben sich an dieser Online-Befragung beteiligt. Es habe sich gezeigt, dass Lobbying für die Firmen einen zentralen Stellenwert hat, sagt Studienautor Andreas Kovar: "Die Hälfte der Unternehmen sagt, dass die Beobachtung des politischen Umfelds und das aktive Mitwirken Entscheidungsgrundlagen für die Unternehmensführung liefert. Das heißt: Das ist eine wesentliche Funktion für das Unternehmen." Ein Viertel befinde außerdem, Interessensvertretung sei ein wesentlicher Faktor für den Unternehmenserfolg.
Eigene Interessensvertretung im Kommen
Anders als in den USA und Großbritannien aber auch Brüssel ist Lobbying bei uns jetzt im Kommen - das hänge eng mit der späten Markt-Liberalisierung etwa bei Telekom und Post in Österreich zusammen, aber auch mit dem gesellschaftlichen Wandel und dem Zusammenbruch alter Netzwerke, auch Parteiennetzwerke, sagt Kovar: "In Mitteleuropa haben Unternehmen die Interessensvertretung sehr stark an Verbände delegiert. In den letzten Jahren hat aber der Trend zugenommen, dass Unternehmen selbst Interessensvertretung betreibend."
Mittlerweile würden auch schon Organisationen wie SOS Kinderdorf auf Lobbying setzen. Das Potenzial sei enorm groß, und Kovar hält auch neue Rahmenbedingungen für dringend notwendig: "Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass sogar für Gesetzgeber, also einzelne Mandatare im Nationalrat, der gesamte Gesetzgebungsprozess nicht wirklich einsichtig ist." Abgeordnete seien erst relativ spät in den Gesetzgebungsprozess eingebunden und nicht in der Lage, wirklich mitzugestalten.
Transparenz von Anfang an
Selbst für professionelle Lobbyisten mit guten Kontakten in die Politik sei es schwierig, sich rechtzeitig mit Vorschlägen einzubringen - dabei würde das Gesetze oft besser machen, ist Kovar überzeugt. Er will Transparenz schon ab einem frühen Zeitpunkt, das habe auch einen demokratiepolitischen Aspekt: "Ich halte es generell für einen Vorteil, wenn möglichst viele Organisationen und Personen eine Möglichkeit haben, sich zu beteiligen." Seine These sei, dass die Gesetze dadurch insgesamt auch besser würden, meint Kovar. Lobbyisten würden damit auch dem Vorwurf enthoben, dass sie Herrschaftswissen hätten.
Vor allem würde so nicht nur nachvollziehbar, wer Lobbying betreibt - sondern auch wofür und mit welchen Argumenten.